Zu einer aktuellen Unterrichtseinheit „Krieg und Frieden“ mit Elementen eines Lehrstücks
Der russisch-ukrainische Krieg, Klassiker zum Krieg und einige moderne und aktuelle Texte

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Unterrichtsmaterialien
  • 2. Unterrichtsmaterialien - Quellen und zusäztliche Texte
  • Dr. Horst Leps

    Elersweg 17

    D-22395 Hamburg

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    horstleps@gmx.de


    0.1. Didaktisch-methodische Vorüberlegungen

    Die Bedeutung des Gegenstandsbereichs „Krieg / Frieden“ für den Schulunterricht muss momentan nicht begründet werden1. Anders steht es mit der Frage, wie und mit welchen Zielen dieser Bereich unterrichtet wird.

    Gleich zu Beginn der Planung ist eine wichtige Entscheidung zu treffen: Wie parteiisch soll/darf hier der Unterricht sein? Russland hat einen Krieg angefangen, die Menschen des überfallenen Landes leiden, sterben. Damit ist klar, welche politische Stoßrichtung der Unterricht haben soll. Oder?

    Den Journalismus hat die „Zeitenwende“ (Bundeskanzler Scholz)2 eingeholt, aber auch den Politikunterricht? Die Medien liefern ihm das Material. Was ist, wenn die Medien parteiisch sind, und zwar allesamt? Der Politikunterricht verlöre damit seinen alltäglichen Stoff, zu einer „Allgemeinbildung der epochaltypischen Schlüsselprobleme“3 (Wolfgang Klafki) beizutragen. Dabei geht es immer noch (mit Wolfgang Hilligen) um das „Existentielle“4.

    Der Politikunterricht muss sich seine Quellen inzwischen selbst suchen.

    Man mag sagen, dass der Beutelsbacher Konsens für die Innenpolitik geschrieben wurde und nicht für die Außenpolitik, schon gar nicht für die Kontroversen/Konflikte/Kriege zwischen Staaten. Dieser Einwand würde jedoch den didaktischen Sachverhalt verfehlen. Zum einen, weil der „Beutelsbacher Konsens“ einem Jahrzehnt entstammt, in dem gerade Kontroversen zur Außenpolitik die Debatte im Inneren prägten. Zum anderen, weil weiterhin umstritten ist, wie Deutschland auf den Krieg reagieren soll. In der veröffentlichten Meinung geht es vor allem darum, wie schnell und wie sehr die Ukraine von Deutschland unterstützt wird. Unterhalb dieser Ebene – im „Volk“ – ist man sich jedoch einig gar nicht einig und klar, ob und wie die Ukraine überhaupt unterstützt werden soll5. Es gibt – vielleicht kann man später sagen: es gab über lange Zeit – eine Kluft zwischen der Öffentlichkeit der Medien und dem, wie „das Volk“ denkt6. Die Schüler*innen kommen aus dem „Volk“, sie kennen verschiedene Sichtweisen auf diesen Krieg. Viele würden es deshalb als Überwältigung erleben, wenn der Unterricht sie die von der Mehrheit der politischen Entscheider geteilte Meinung drängen wollen. Es wäre eine Aufforderung zur „Zweisprachigkeit“: Was immer zu Hause gedacht wird, in der Schule wird eine bestimmte Denkweise erwartet.

    Es könnte ferner sein, dass politisch interessierte Schüler*innen alle Zugänge zu Massenmedien nutzen, die es im Internet-Zeitalter gibt. Auch wenn die russischen Sender „RT-deutsch“ und „Sputnik“ von den Providern in Deutschland behindert werden, sind ihre Inhalte weiterhin präsent. Dann sind es eben deutsche oder englische Web-Seiten, auf denen ähnliche Inhalte zu lesen sind.

    Es muss alles auf den Tisch (können): Alles, was Schüler*innen in den Unterricht mitbringen. Und alles, was zum Verständnis der Verhaltens der verschiedenen Akteure notwendig ist. Diese Materialien müssen „kühl“ analysiert werden können7. Gerade in einem Krieg können Emotionen das Urteil beeinträchtigen. Propaganda wirkt bis in den Unterricht hinein. Schüler*innen müssen das wissen und - ansatzweise - lernen, damit umzugehen. „Da musst du eben aufpassen, daß du nicht hereinfällst.“ (Kurt Gerhard Fischer8)

    Es kann gleichzeitig aber auch nicht um eine neutrale Äquidistanz gehen, die die Menschen teilnahmslos ihrem Schicksal überlässt. Es werden sicher Filme einbezogen werden, die es in großer Zahl auf Youtube und Tiktok gibt. - Den Schüler*nnen muss Gelegenheit gegeben werden, ihre eigene Sicht sowohl sachlich als auch emotional zu äußern.

    Ein handlungsorientierter Politikunterricht sucht immer nach Lösungen für Aufgaben und Probleme. Wie kann Frieden erreicht werden? Sollen Schüler*innen im Unterricht nach Möglichkeiten suchen? Oder muss man nicht vielmehr sagen, dass Politik und Kriegsverlauf sich so wenig vorhersehbar entwickeln, dass nicht nur die Schüler*innen damit überfordert, sondern auch jeder Politiker und jeder General?

    Die vorherrschenden Auffassungen und die Minderheitenmeinungen können in unterschiedlicher Weise voneinander abweichen. Die politischen Auffassungen der Unterrichtenden können höchst verschieden sein. Ebenso ist es möglich, dass die Schüler*innen in ihren Elternhäusern sehr unterschiedliche Auffassungen hören. Ein Unterricht, der in möglicherweise grundlegenden Fragen zu Konflikten zwischen den Kindern und Jugendlichen einerseits und den Eltern andererseits führt, ist – sag ich einfach mal so – pädagogisch nicht erlaubt. Vorgaben mit durchgestaltete Unterrichtseinheiten sind nicht möglich.

    Die einfachste Vorbereitung und Struktur des Politikunterrichts, lernen die Studierenden, ist das querliegende DIN-A4-Blatt, in der Mitte gefaltet, mit gegensätzlichen Positionen auf der linken und der rechten Seite des Papiers: Die Kontroverse. Aber sie setzt voraus, dass der Konflikt übersichtlich gestaltet werden kann und die Schüler*innen in ihren Interessen angesprochen werden. Aber so einfach wird sich ein Unterricht über einen Krieg und „unser“ Verhältnis zu ihm kaum gestalten lassen. Es wird schon schwer genug sein zu verstehen, was dort stattfindet9.

    Nur eines sollte gelten: Dass die Lernenden sich ihre Auffassungen selbst bilden können10. Ihr Urteil soll „ihr“ Urteil sein11. Aber auch das kann über Unterricht allein nicht gewährleistet werden. Die jeweils aktuelle politische Atmosphäre schlägt in den Unterricht durch, sie beeinflusst nicht nur direkt und indirekt die Lehrer*innen und Schüler*innen, sie gibt auch den Rahmen für die Zugänglichkeit von Material. Das, was vorherrschend gelten soll, ist schnell zu haben, alles andere ist möglicherweise selbst im Internet nicht zu finden.

    Für jeden aktuellen Fall bieten sich dann eine Analyse mit den „Giesecke-Kategorien“12 an.

    Für eine Konfliktanalyse … schlägt Giesecke eine Liste von ganz bestimmten Kategorien vor. Sie enthält neben dem Konfliktbegriff selbst genau 10 weitere Kategorien: Konkretheit, Macht, Recht, Interesse, Solidarität, Mitbestimmung, Funktionszusammenhang, Ideologie, Geschichtlichkeit und Menschenwürde. Beim Konfliktbegriff geht es um die Aufdeckung der grundsätzlichen Gegnerschaft. Über die Kategorie Konkretheit sollen die Einzelheiten der Auseinandersetzung erschlossen werden. Die Kategorie Macht fragt nach faktischen Möglichkeiten, sich durchzusetzen. Die Rechtskategorie zielt auf den formalen Rahmen, innerhalb dessen der Konflikt ausgetragen wird. Über die Kategorie Interesse sollen die Positionen und Perspektiven der Beteiligten transparent werden. Mitbestimmung führt zur Frage nach Möglichkeiten, Interessen zur Geltung zu bringen. Solidarität ist jene sozialethische Grundhaltung, die denen zur Verfügung steht, deren Interessen zu kurz kommen, wenn sie jeder für sich allein vertreten würde. Mit Funktionszusammenhang ist die Tatsache der vielfachen Vernetztheit und der Wechselwirkungen gemeint. Ideologie verweist auf Ordnungsvorstellungen, mit denen Interessen und Handlungen gerechtfertigt werden. Über die Kategorie der Geschichtlichkeit soll bewusst werden, dass jeder Konflikt seine Entstehungsgeschichte hat. Und Menschenwürde ist schließlich der übergeordnete Maßstab zur Bewertung von Konflikten und deren Lösungen.

    Weil solche Kategorien zu Analysen führen können, die zu lang und zu komplex sind, muss ausgewählt werden. Der Gegenstandsbereich Internationale Politik selbst ist schon der komplexeste Bereich der Politik, umfasst er doch die Innenpolitik aller beteiligten Staaten und deren Beziehungen untereinander, dasselbe muss über Wirtschaftspolitik, Infrastrukturpolitik, Sozialpolitik etc. gesagt werden. Nicht ein Bereich von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft und und seine internationale Verknüpfung kann ausgeschlossen werden.

    Es gibt keine Spezialisten für die Gesamtheit der Internationalen Politik, denen der Unterricht folgen könnte. Und wenn „Experten“ auftauchen, zeigt die nähere Betrachtung meist, dass sie mit politischen Institutionen und/oder Organisationen („ThinkTanks“ beispielsweise, von Interessenten finanziert) verbunden sind. Da ist also Vorsicht geboten13.

    Solchen Schwierigkeiten wird in der öffentlichen Diskussion und sicher auch oft in der Schule durch Moralisierung des Falls ausgewichen: Eine der Konfliktparteien hat – tatsächlich oder vermeintlich -– eine unerlaubte Handlung begangen oder hat unzulässige Ziele. Schon reduziert sich die Zahl der im Unterricht zu bearbeitenden Aspekte auf eine handhabbare Anzahl. Aber das wäre Gesinnungsunterricht.

    Daraus folgt: Es ist schlicht nicht möglich, einen internationalen Konflikt, gar einen Krieg, in der Schule umfassend genug zu bearbeiten. Nur Aspekte können zur Sprache gebracht werden. Aber welche?

    Ich schlage diese Sammlung vor14:

    1. Klassische Positionen zu Krieg und Frieden, lehrkunstdidaktisch eben15. Von Thukydides und den Meliern16 über Kants „Ewigem Frieden“17 zur Clausewitz „Vom Kriege“18. Zwischenstationen sind möglich: die Lehre vom „gerechten Krieg“19, Luthers „Ob-Kriegsleute-auch-in-seligem-Stande-sein-können20.
    2. Zum jeweils aktuellen Konflikt/Krieg müssen auch die zeittypisch-grundlegende Positionen der Gegenwart im Unterricht behandelt werden (zB aus der UN-Satzung21, die Schlussakte der KSZE22 und Folgedokumente23), die so gut wie immer bei einem Konflikt/Krieg zur Deutung herangezogen werden; es kann auch sinnvoll sein, aktuelle konzeptionelle und theoretische Ansätze wie den „Palme-Report II“24 oder die oft zitierten Theorie des „Realismus“ in den Internationalen Beziehungen aufzunehmen25,
      • es gehören aber auch zentrale Texte des aktuellen Konfliktes/Krieges hinzu
      • und Materialien, die gerade zum Zeitpunkt des Unterrichts aktuell sind.

    Die Texte habe ich gekürzt, die Kürzungen sind nicht ausgewiesen, die Textoriginale können zum großen Teil im Internet gefunden werden.

    Über die Reihenfolge und der Methode der Behandlung dieser Texte im Unterricht kann am Schreibtisch aber nicht vorweg entschieden werden. Jeder Konflikt/Krieg ist anders, jeder Tag während des Konfliktes/Krieges unterscheidet sich vom anderen. Will der Politikunterricht den Schüler*innen helfen, die täglichen Meldungen und Kommentare der Massenmedien zu verstehen, muss der Unterricht für das Tägliche offen sein. Unterrichtssequenzen lassen sich deshalb nicht vorwegnehmen.

    Es können jedoch Zusammenhänge beschrieben werden, die in irgendeiner Weise auch in einem möglicherweise chaotisch verlaufenden Unterricht angesprochen werden sollten.

    So könnte es sinnvoll sein, in einer politisch ruhigeren Phase „klassische“ Positionen in den Unterricht einzuführen. Sie können den Schüler*innen vielleicht Sichtweisen, Fragen und womöglich gar Richtungen von Antworten zeigen, die zum Verständnis der aktuellen Situation helfen können26.

    Thukydides zeigt einen (vermutlich fiktiven) Dialog zwischen einer überlegenen Macht und einer kleinen Polis während des peloponnesischen Krieges, zwischen denen, die ihre Gewalt durchsetzen können (Athen), und denen (Melos), die vielleicht etwas hoffen dürfen, aber sich letztlich doch zu fügen haben. Man könnte sagen: So sehen die Verhältnisse aus, so war es, so ist es und so wird es sein. Solch eine Sicht hätte Folgen für die Stellungnahme: Die Menschen sind letztlich nicht friedensfähig, deshalb ist notwendig, sich mit Umsicht und Klugheit auf Kriegsgefahren vorzubereiten und, im Fall des Falles, ihn auch mit der Absicht zum Sieg zu führen. - Dieser Text lässt sich für seine Verwendung in einer Mittelstufenklasse so kürzen und aufbereiten, dass seine Aussageabsicht erhalten bleibt.

    Anders dagegen Immanuel Kant: In der Textform eines Friedensvertrags, wie er zu seiner Zeit gebräuchlich war, aber versehen mit langem theoretischen Anhang, formuliert Kant angesichts der Kabinettskriege des 18. Jhdts und der Revolutionskriege seine Sicht auf die Zukunft von Krieg und Frieden. Trotz der Katastrophen, die Kant im Siebenjährigen Krieg selbst erlebt hat, ist er letztlich optimistisch: Es wird eine Zeit geben, in der kein Krieg mehr sein wird, weil er der Vernunft widerspricht. Er argumentiert zweistufig: Wie der Mensch gegen seinen Egoismus den Staat braucht, um überleben zu können, vom Naturzustand in den staatsbürgerlichen Zustand wechseln muss, so müssen (und werden!) die Staaten ihre Sicherheit gegenseitig in einem Föderalismus der republikanischen Staaten gewährleisten. Weil der Krieg den Handel behindert, wird schon das wirtschaftliche Interesse der Bürger gegen den Krieg sprechen. Die Bürger werden schon deshalb nicht für einen Krieg stimmen, weil sie selbst die Mühen und Lasten des Krieges tragen müssen.

    Die Gedanken beider Texte wirken bis in die Gegenwart. Es geht letztlich um die Frage, ob die Menschheit angesichts der Gewalt und der Zerstörungen eines Kriegs lernfähig ist: Können Kriege abgeschafft werden, zumindest schrittweise eingeschränkt und eingehegt werden? Oder hat man es mit dem unabänderlichen Gesetz zu tun, dass Verbände von Menschen, früher als Stamm oder als Polis, heute als Staat oder Staatenverbund, Macht gegen den Willen anderer Stämme, Poleis, Staaten oder Staatenverbünde ansammeln wollen? Für die eine Sicht spricht, dass Menschen den Staat als Ordnung als Friedens geschaffen haben, freilich anfällig. Andererseits gibt es, allen für den Frieden geschaffenen internationalen Ordnungen zum Trotz, immer wieder Kriege. Soll versucht werden, die gemeinsamen Interessen aller Menschen hervor zu heben, um auf diese Weise eine über die einzelnen Staaten hinausgehende Ordnung des Friedens Schritt für Schritt, allen Rückschlägen zum Trotz, zu schaffen? Für diesen Gegensatzes stehen hier die Texte der Olof-Palme-Kommission und von Carlo Masala.

    Zwischen diesen beiden klassischen Positionen steht die Lehre vom „gerechten Krieg“, wie sie im christlichen Europa entstanden ist. Der Ausdruck wird meist missverstanden, als ginge es darum, wie man einen Krieg anfangen könne, den man obendrein noch gerecht nennen kann. Stattdessen sollen Kriege eingeschränkt werden, indem der Einsatz im Krieg an begrenzende Bedingungen geknüpft wird. Letztlich ist es bei Martin Luther nicht anders: Dass Krieg zum Schutze der Mitmenschen geboten sein kann, sogar als Akt der Nächstenliebe, schließt eben auch andere Motive aus.

    Von Kants Text zum „Ewigen Frieden“ kann eine Linie in die Gegenwart gezogen werden: Zur Uno und zur KSZE (heute OSZE und Charta von Paris). Die Satzung der UN enthält (abschließend) die Regeln für einen Kriegseinsatz, die Charta von Paris eröffnet den Weg zu einem Europa der gemeinsamen Sicherheit. Die Charta will eine Föderation republikanischer Staaten schaffen, die zusammenarbeiten und gegenseitig aufeinander in Sicherheitsfragen Rücksicht nehmen.

    Über Kants Idee hinaus beschäftigt sich die Charta mit den nationalen Minderheiten, ein in Deutschland meist übersehener Aspekt. Die griechische Polis war politisch-kulturell homogen, die aufgeklärten Herrscher des 18. Jahrhunderts interessierten sich nicht für nationale Minderheiten, in Deutschland gelten die kleinen Minderheiten der Dänen, Friesen und Sorben als voll integriert. In weiten Teilen der Welt fallen aber Staatsgrenzen und ethnische Territorien nicht zusammen, oft ist es vielmehr so, dass die verschiedenen Ethnien durcheinander wohnen. Sie können sich durch Herkunft, Sprache und Religion unterscheiden. Sie haben auch unterschiedlich starken politischen Einfluss in ihrer Region. Man kann fast alle Staaten der ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie, des russischen Zarenreiches und des osmanischen Reiches dazu zählen, also ganz Osteuropa jenseits von Polen und Südosteuropa südlich von Österreich. Diese Länder und Staaten waren oder sind Kriegsgebiete oder können es werden, wenn die Gegensätze vor Ort sich verschärfen, insbesondere aber, wenn diese Gegensätze von außen befördert werden. Ein an Demokratie und Menschenrechten orientierter Politikunterricht muss diese Probleme in den Blick nehmen, eine in Deutschland nicht gerade gängige Praxis. – Es ist ein Problem, für das noch nicht die eine Lösung gibt, die den Staaten zur Nachahmung empfohlen werden kann.

    Vielleicht muss da wirklich jeder Staat seinen eigenen Weg finden. Denn in solchen Konflikten verbergen sich oft uralte Vorgänge, die eine Ethnie hat einmal die andere unterdrückt, macht es vielleicht immer noch, oder die Unterdrückungsverhältnisse haben sich umgekehrt. Oder die eine Ethnie ist Teil eines größeren Zusammenhangs von jenseits der Grenzen, so dass sie immer als Ansammlung potentieller Feinde und Volksverräter gilt. Es gibt Gegenden in Europa, in denen die Kriege des letzten Jahrtausends, von denen ein deutscher Schüler nie etwas hört, immer noch tägliche Gegenwart sind.

    Wegen dieses Spannungspotentials widmet die Charta von Paris den ethnischen Minderheiten einen ganzen Absatz, der in den Materialien erwähnt wird. Der neue Palme-Report erwähnt das Problem ebenfalls. Frage wäre aber, ob Schüler*innen einen Zugang zu diesem Thema finden. Wenn auch große Teile der deutschen Bevölkerung einen Migrationshintergrund haben, so werden die Migrantengruppen doch nicht als nationale Minderheiten wahrgenommen, die gemeinsam eigene kulturelle und politische Ansprüche erheben könnten, sondern zumeist als zufällige Anhäufung von Individuen, die ihre Probleme allein zu lösen haben. - Dennoch: Ob man die verschiedenen Minderheitenfrage in den meisten osteuropäischen Staaten nur als Anlässe oder gar als Ursache von Spannungen, Konflikten, Gewalt und Krisen sieht, sie müssen als Probleme und Aufgaben im Unterricht auftauchen, sollen dort Fragen von Krieg und Frieden in Europa geklärt werden.

    Wer Krieg „verstehen“ will, steht vor keiner leichten Aufgabe. Die Massenmedien liefern ununterbrochen Schlachteninformationen, sie beschäftigen sich mit den Waffen und zeigen zerstörte Städte und Panzer. Lehrer*innen und Schüler*innen könnten versucht sein, selbst den kleinen Feldherren zu geben. Clausewitz bietet Möglichkeiten, das Geschehen einzuordnen. Von ihm kennt jeder die Formulierung vom Krieg als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln. Was bedeutet das? Clausewitz27 gibt damit ein Mittel, Ursprung, Verlauf und Ergebnis eines Krieges zu verstehen28. Krieg fängt nicht einfach an. Er hat seine Vorgeschichte. Es nicht entscheidend, wer einen Krieg „anfängt“, zumal sich oft noch ein Anfang der Gewalt vor dem Anfang des Krieges finden lässt. Man muss vielmehr nach der politischen Vorgeschichte des Krieges, den Zielen und Handlungen der beteiligten Staaten vor allem vor dem Krieg fragen. Ohne die politische Vorgeschichte kann kein Krieg verstanden werden. Diese Vorgeschichte ist eine Folge der inneren Verhältnisse der beteiligten Staaten. Aber auch der Verlauf eines Kriegs wird von den politischen Absichten der beteiligten Staaten bestimmt. Allerdings wird ein Krieges auch von bestimmten kriegstypischen Momenten geprägt, vor allem vom Kräfteverhältnis zwischen den Parteien. Aber auch die Motivation der Soldaten, die Geografie, der Stand der Technik und noch vieles mehr, das sich gar nicht vollständig aufzählen lässt.

    Clausewitz zeigt ferner, dass Gewalt und Zwang bestimmende Handlungsweisen im Krieg sind, je größer und bedeutender das politische Motiv der Beteiligten, desto gewalttätiger der Krieg. Krieg heißt „Niederwerfung“ des Feindes, Tod und Zerstörung. Es gibt letztlich keinen Zwang zur Mäßigung der Gewalt, mit der sich die Parteien sich gegenseitig bekämpfen. Wer einen Krieg in den Blick nimmt, muss wissen, dass es um das Äußerste gehen kann. - Verlauf und Ausgang eines Kriegs können nicht am grünen Tisch oder am Sandkasten vorher gesagt werden. Es kommt immer alles anders.

    Aktuell geht es um den Krieg Russlands in der Ukraine / gegen die Ukraine. Eigentlich müsste der Unterricht (mit Clausewitz) genetisch vorgehen und mit der Krise von 2013/14 beginnen, in der alle Verhältnisse neu strukturiert worden sind und die Positionen der Kontrahenten und Kämpfenden von 2022 festgelegt worden29. Aber das wäre schon eine ganze Unterrichtseinheit nach Art des Faches Geschichte, insbesondere dann, wenn der Unterricht die verschiedenen Sichtweisen berücksichtigt werden. Soll die Vorgeschichte kurz gefasst werden, müsste die diplomatische Krise des Jahres 2021 ausreichen. Dazu enthält die UE einen Text aus der ukrainischen Regierung aus 2021 über die Krim30, die Charta der Beziehungen der USA und der Ukraine auch aus 202131, die Vertragsentwürfe Russlands32 an die USA33 und die Nato34 vom 17. Dezember 2021, die gemeinsame Pressekonferenz von Präsident Putin und Bundeskanzler Scholz zum Abschluss von dessen Besuch in Moskau am 15. Februar 202235, die Rede des russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin zum Beginn der „militärischen Spezialoperation“ in der Ukraine vom 24.02.202236, die Regierungserklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz am 26.02.2022 mit der Ausrufung einer „Zeitenwende“37. Was sagen die Staaten der Vereinten Nationen38? Und es muss um die Wiedergewinnung des Friedens gehen, hier am Beispiel eines Friedensplans der italienischen Regierung, vom Mai 2022, der in Deutschland kaum bekannt war/ist. Eine italienische Zeitung berichtet über ihn39.

    In diesem Konflikt ging es auf diplomatischer Ebene um die Frage, ob Russland ein Recht hat zu verlangen, dass mit ihm das Verhältnis der Ukraine zur Nato abgestimmt wird. Russland und der Westen bezogen sich auf den selben Abschnitt aus der Charta von Paris und den Nachfolgedokumenten von Istanbul und Astana, die hier nicht abgedruckt werden.

    Dazu kommt der innerukrainische Konflikt. Es war bis vor kurzem auch in Deutschland noch umstritten, ob es eine gemeinsame ukrainische Nation gibt40. Für die einen ist es notwendig, die Bevölkerung der Ukraine zur politisch-kulturellen Nation zu formen, während andere die Ukraine als einen Vielvölkerstaat ansehen. Dementsprechend unterschiedlich sind die Vorstellungen von der politisch-kulturellen Prägung des Staates, hier ausgedrückt im Sprachgesetz41. Das Mehrheiten-Minderheiten-Problem zeigt sich auch in der Existenz der „Volksrepubliken“ von Donezk und Luhansk und dem Minsk2-Abkommen42. Nationenbildungen verlaufen oft gewaltsam43.

    Für den Krieg selbst gibt es einen Auszug aus der Rede, mit der russische Präsident Wladimir Putin am 24.02.2022 die „Militäroperation“ begründete44, die Reaktion des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz in einer Regierungserklärung vom 26.02.202245 (Stichwort „Zeitenwende“) und einen Auszug aus der Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zum Deutschen Bundestag.

    Es gibt noch andere Interpretationsschienen, die auf russischen Imperialismus und Nationalismus verweisen, die leicht im Internet zu finden sind46.

    Im ersten Teil der folgenden Zusammenstellung befinden sich Materialien, die hoffentlich den Kern der Sache – grundlegend und aktuell – repräsentieren. Im zweiten Teil handelt es sich um Vertiefungen und zusätzliche, möglicherweise nützliche Texte.

    Der Verlauf dieses Kriegs wird noch viele geschehen, das niemand vorhergesehen hat47 . Möglicherweise wird er auf einmal schnell auf dem Verhandlungsweg beendet, möglicherweise wird er noch Jahre dauern. Es ist deshalb nicht sinnvoll, tagesaktuelle Materialien in solch eine Sammlung aufzunehmen.

    In dieser Zeit des Internets und der „Informationskriege“ werden die Schüler*innen auch selbst auf Materialien stoßen, die sie nicht einordnen können. Der Unterricht darf für solche Texte und Videos nicht gesperrt werden. Vielleicht helfen dann die „Prinzipien der Kriegspropaganda“48.

    Wie auch immer: Es muss die Sequenzierung des Unterrichts über diesen Gegenstand, diesem Gegenstandsbereich muss der Lehrkunst der Lehrerin / des Lehrers überlassen bleiben, dem Gespür für das Richtige im richtigen Moment.

    Die erste Fassung dieses Textes habe ich im Herbst 2022 geschrieben. Mir scheint, sie liefert immer noch die Grundlagen zum Verständnis dieses Kriegs. Einige Texte habe ich dennoch herausgenommen, mögliche Copyright-Probleme, und durch Texte von ChatGTP ersetzt. Für das jeweils Aktuelle ist der Unterrichtende zuständig, so oder so.

    1. Unterrichtsmaterialien

    1.1. Klassische Texte

    1.1.1. Thukydides: Der Peloponnesische Krieg

    84 Auch gegen die Insel Melos unternahmen die Athener einen Feldzug mit einer Flotte von 30 Schiffen. Die Melier wollten den Athenern nicht so untertan sein wie die anderen Inselvölker. Die Feldherren schickten Gesandte zu Verhandlungen in die Stadt.

    86 Die Ratsherren der Melier: »Ihr wollt selbst Richter sein über alles, was gesprochen werden wird. Und das Ende davon wird schließlich sein: Siegen wir in dem Rechtsstreit und geben daher nicht nach, so droht uns Krieg, lassen wir uns aber von euch bereden, Knechtschaft.

    89 Die Athener: Nun gut, wir selbst wollen nun nicht mit schön klingenden Worten eine unglaubwürdige Rede vortragen. Nein, sucht das Mögliche zu erreichen, da ihr ebenso gut wie wir wisst, dass Recht im menschlichen Verkehr nur bei gleichem Kräfteverhältnis zur Geltung kommt, die Stärkeren aber alles in ihrer Macht Stehende durchsetzen und die Schwachen sich fügen.

    92 Die Melier: Wie könnte für uns Unterwerfung ebenso vorteilhaft sein wie für euch Ausweitung der Herrschaft?

    93 Die Athener: Weil ihr, statt Ärgstes zu erleiden, euch fügen dürftet und wir, wenn wir euch nicht vernichten müssten, dabei gewinnen würden.

    114 Danach kehrten die athenischen Gesandten zum Heer zurück.

    116 Als nach diesem Vorfall ein weiteres Heer aus Athen ankam und nun die Belagerung mit aller Härte durchführte, ergaben sich die Melier, da auch noch Verrat hinzukam, bedingungslos den Athenern. Diese töteten alle erwachsenen Männer, die sie ergreifen konnten, die Kinder und Frauen verkauften sie in die Sklaverei.

    1.1.2. „Gerechter Krieg“

    Theologische, juristische und philosophische Lehre. Sie setzt sich mit der Frage auseinander, unter welchen Umständen ein Krieg und die Beteiligung daran gerechtfertigt werden kann.

    Sowohl bei der Lehre vom gerechten Krieg als auch im modernen Völkerrecht geht es um die Zähmung des Krieges, indem man versucht, ihn Regeln und Beschränkungen zu unterwerfen.

    Klassische Kriterien eines »Gerechten Krieges«:

    • Es muss einen gerechten Grund geben, und dieser muss schwerwiegend genug sein. Als solch ein Grund gilt Selbstverteidigung gegen erlittenes oder drohendes Unrecht.
    • Das Kriegsziel muss zu rechtfertigen sein, also Wiederherstellung des Friedens, nicht aber Unterwerfung, Rache etc.
    • Es muss eine befugte Staatsmacht sein, die den Entschluss zum Kriege fasst.
    • Ein Krieg muß das letzte Mittel sein, nachdem alle anderen Wege ausgeschöpft wurden.
    • Die Verhältnismäßigkeit der Mittel muss beachtet werden, der Schaden der Abwehr darf nicht größer sein, als der abzuwehrende Schaden .
    • Ein aussichtsloser Widerstand ist nicht gerecht.
    • Bisweilen wird auch aufgeführt: die Kriegsführung muss zwischen Beteiligten und Unbeteiligten unterscheiden.

    Kritik:

    Der Begriff wird dahingehend kritisiert, dass seine Kriterien nicht durchführbar seien und deshalb auch immer wieder durch Täuschung oder Selbsttäuschung seitens der Kriegsparteien ad absurdum zu führen waren, sodass oft nur Rechtfertigungsargumentationen für Kriegsführung und Soldatengehorsam dabei heraus kamen.

    Dennoch lohnt sich die Beschäftigung mit der Theorie, weil sie immer wieder herangezogen wird. In der aktuellen Lage (2003) wird sowohl versucht, die Kriegspläne gegen den Irak als auch die Opposition gegen diese Pläne im Lichte der Lehre vom gerechten Krieg zu begründen. Der neue katholische Katechismus argumentiert mit der Aufnahme und Weiterführung der Idee, um jeglichen Angriffskrieg sowie den Einsatz von Atomwaffen grundsätzlich zu ächten.

    1.1.3. Martin Luther: „Ob Kriegsleute auch in seligem Stande sein können“

    Daß man nun viel schreibt und sagt, was für eine große Plage ein Krieg sei, das ist alles wahr. Aber man sollte daneben auch betrachten, wievielmal größer die Plage ist, der man durch Kriegführen wehrt. Ja, wenn die Leute rechtschaffen wären und gern Frieden hielten, so wäre Kriegführen die größte Plage auf Erden. Wohin rechnest du aber ein, daß die Welt böse ist, die Leute nicht Frieden halten wollen, rauben, stehlen, töten, Weib und Kind schänden, Ehre und Gut nehmen? Solchem allgemeinen Unfrieden in aller Welt, vor dem kein Mensch bestehen könnte, muß der kleine Unfrieden, der da Krieg und Schwert heißt, steuern. Darum ehrt Gott auch das Schwert so hoch, daß er’s seine eigene Ordnung nennt, und will nicht, daß man sagen oder wähnen sollte, Menschen hätten es erfunden oder eingesetzt. Es sind alles seine Werke und seine Gerichte.

    1.1.4. Immanuel Kant: Zum ewigen Frieden

    Es ist der Handelsgeist, der mit dem Kriege nicht zusammen bestehen kann, und der früher oder später sich jedes Volks bemächtigt. Weil nämlich unter allen Mächten die Geldmacht wohl die zuverlässigste ist, so sehen sich Staaten, freilich nicht aus moralischen Gründen, gezwungen, den edlen Frieden zu befördern. – Auf die Art garantiert die Natur, durch den Mechanism in den menschlichen Neigungen selbst, den ewigen Frieden; freilich nicht mit hinreichender Sicherheit.

    Voraussetzungen zum ewigen Frieden:

    Die bürgerliche Verfassung in jedem Staat soll republikanisch sein.

    Sie enthält die Aussicht auf den ewigen Frieden; wovon der Grund dieser ist: Wenn die Zustimmung der Staatsbürger dazu erfordert wird, um zu beschließen, ob Krieg sein solle oder nicht, so müssen sie alle Drangsale des Krieges über sich selbst beschließen. Sie werden sehr bedenken, ein so schlimmes Spiel anzufangen.

    Die Regeln des ewigen Friedens:

    Stehende Heere sollen mit der Zeit ganz aufhören.

    Kein Staat soll sich in die Verfassung und Regierung eines andern Staats gewalttätig einmischen.

    1.1.5. Carl von Clausewitz: Vom Kriege

    Erstes Buch. Über die Natur des Krieges

    Erstes Kapitel: Was ist der Krieg?

    Der Krieg ist nichts als ein erweiterter Zweikampf. Wollen wir uns die Unzahl der einzelnen Zweikämpfe, aus denen er besteht, als Einheit denken, so tun wir besser, uns zwei Ringende vorzustellen. Jeder sucht den anderen durch physische Gewalt zur Erfüllung seines Willens zu zwingen; sein nächster Zweck ist, den Gegner niederzuwerfen und dadurch zu jedem ferneren Widerstand unfähig zu machen.

    Der Krieg ist also ein Akt der Gewalt, um den Gegner zur Erfüllung unseres Willens zu zwingen.

    Gewalt, d. h. die physische Gewalt, ist also das Mittel, dem Feinde unseren Willen aufzudringen, der Zweck. Um diesen Zweck sicher zu erreichen, müssen wir den Feind wehrlos machen, und dies ist dem Begriff nach das eigentliche Ziel der kriegerischen Handlung.

    Da der Gebrauch der physischen Gewalt in ihrem ganzen Umfange die Mitwirkung der Intelligenz auf keine Weise ausschließt, so muß der, welcher sich dieser Gewalt rücksichtslos, ohne Schonung des Blutes bedient, ein Übergewicht bekommen, wenn der Gegner es nicht tut. Dadurch gibt er dem anderen das Gesetz, und so steigern sich beide bis zum äußersten, ohne daß es andere Schranken gäbe als die der innewohnenden Gegengewichte.

    Das Ziel ist, den Feind wehrlos zu machen

    Wenn der Gegner unseren Willen erfüllen soll, so müssen wir ihn in eine Lage versetzen, die nachteiliger ist als das Opfer, welches wir von ihm fordern; die Nachteile dieser Lage dürfen aber natürlich, wenigstens dem Anscheine nach, nicht vorübergehend sein, sonst würde der Gegner den besseren Zeitpunkt abwarten und nicht nachgeben.

    Solange ich den Gegner nicht niedergeworfen habe, muß ich fürchten, daß er mich niederwirft, ich bin also nicht mehr Herr meiner, sondern er gibt mir das Gesetz, wie ich es ihm gebe.

    Wollen wir den Gegner niederwerfen, so müssen wir unsere Anstrengung nach seiner Widerstandskraft abmessen; diese drückt sich durch ein Produkt aus, dessen Faktoren sich nicht trennen lassen, nämlich: die Größe der vorhandenen Mittel und die Stärke der Willenskraft.

    Aber dasselbe tut der Gegner; also neue gegenseitige Steigerung, die in der bloßen Vorstellung wieder das Bestreben zum Äußersten haben muß.

    Der Krieg entsteht nicht urplötzlich; seine Verbreitung ist nicht das Werk eines Augenblicks, es kann also jeder der beiden Gegner den anderen großenteils schon aus dem beurteilen, was er ist, was er tut, nicht nach dem, was er, strenge genommen, sein und tun müßte.

    Allein wir haben gesehen, daß schon bei den Vorbereitungen zum Kriege ein wirkliches Maß an die Stelle einer äußersten Voraussetzung tritt; also schon darum werden beide Gegner in ihrer Wechselwirkung hinter der Linie einer äußersten Anstrengung zurückbleiben und also nicht sogleich alle Kräfte aufgeboten werden.

    Aber es liegt auch in der Natur dieser Kräfte und ihrer Anwendung, daß sie nicht alle zugleich in Wirksamkeit treten können. Diese Kräfte sind: die eigentlichen Streitkräfte, das Land mit seiner Oberfläche und Bevölkerung und die Bundesgenossen.

    Nun kann man wohl alle beweglichen Streitkräfte gleichzeitig wirken lassen, aber nicht alle Festungen, Ströme, Gebirge, Einwohner usw., kurz nicht das ganze Land, wenn dieses nicht so klein ist, daß es von dem ersten Akt des Krieges ganz umfaßt wird. Ferner ist die Mitwirkung der Bundesgenossenschaft nicht von dem Willen der Kriegführenden abhängig, und es liegt in der Natur der Staatenverhältnisse, daß sie häufig erst später eintritt oder sich verstärkt zur Herstellung des verlorenen Gleichgewichts.

    Hier drängt sich nun von selbst ein Gegenstand von neuem in die Betrachtung, den wir daraus entfernt hatten: es ist der politische Zweck des Krieges. Ist die ganze Betrachtung ein Wahrscheinlichkeitskalkül, aus bestimmten Personen und Verhältnissen hervorgehend, so muß der politische Zweck als das ursprüngliche Motiv ein sehr wesentlicher Faktor in diesem Produkt werden.

    Zweites Kapitel: Zweck und Mittel im Kriege

    Wir werden in der Folge beim Kriegsplan näher untersuchen, was es heißt, einen Staat wehrlos machen, müssen aber hier gleich drei Dinge unterscheiden, die als drei allgemeine Objekte alles übrige in sich fassen. Es ist die Streitkraft, das Land und der Wille des Feindes.

    Die Streitkraft muß vernichtet, d. h. in einen solchen Zustand versetzt werden, daß sie den Kampf nicht mehr fortsetzen kann. Wir erklären hierbei, daß wir in der Folge bei dem Ausdruck »Vernichtung der feindlichen Streitkraft« nur dies verstehen werden.

    Das Land muß erobert werden, denn aus dem Lande könnte sich eine neue Streitkraft bilden.

    Ist aber auch beides geschehen, so kann der Krieg, d. h. die feindliche Spannung und Wirkung feindseliger Kräfte, nicht als beendet angesehen werden, solange der Wille des Feindes nicht auch bezwungen ist, d. h. seine Regierung und seine Bundesgenossen zur Unterzeichnung des Friedens oder das Volk zur Unterwerfung vermocht sind; denn es kann sich, während wir im vollen Besitz des Landes sind, der Kampf in seinem Innern oder auch durch Beistand seiner Bundesgenossen von neuem entzünden.

    Drittes Kapitel: Der kriegerische Genius

    Der Krieg ist das Gebiet der Gefahr, es ist also Mut vor allen Dingen die erste Eigenschaft des Kriegers.

    Der Mut ist doppelter Art: einmal Mut gegen die persönliche Gefahr, und dann Mut gegen die Verantwortlichkeit, sei es vor dem Richterstuhl irgendeiner äußeren Macht oder der inneren, nämlich des Gewissens.

    Zweitens kann der Mut aus positiven Motiven hervorgehen wie Ehrgeiz, Vaterlandsliebe, Begeisterung jeder Art. In diesem Fall ist der Mut nicht sowohl ein Zustand als eine Gemütsbewegung, ein Gefühl.

    Beide vereinigt geben die vollkommenste Art des Mutes.

    Der Krieg ist das Gebiet körperlicher Anstrengungen und Leiden; um dadurch nicht zugrunde gerichtet zu werden, bedarf es einer gewissen Kraft des Körpers und der Seele, die, angeboren oder eingeübt, gleichgültig dagegen macht. Gehen wir in den Forderungen weiter, die der Krieg an seine Genossen macht, so treffen wir auf vorherrschende Verstandeskräfte. Der Krieg ist das Gebiet der Ungewißheit; drei Vierteile derjenigen Dinge, worauf das Handeln im Kriege gebaut wird, liegen im Nebel einer mehr oder weniger großen Ungewißheit. Her ist es also zuerst, wo ein feiner, durchdringender Verstand in Anspruch genommen wird, um mit dem Takte seines Urteils die Wahrheit herauszufühlen.

    Der Krieg ist das Gebiet des Zufalls. In keiner menschlichen Tätigkeit muß diesem Fremdling ein solcher Spielraum gelassen werden, weil keine so nach allen Seiten hin in beständigem Kontakt mit ihm ist. Er vermehrt die Ungewißheit aller Umstände und stört den Gang der Ereignisse.

    Soll (unser Geist) nun diesen beständigen Streit mit dem Unerwarteten glücklich bestehen, so sind ihm zwei Eigenschaften unentbehrlich: einmal ein Verstand, der auch in dieser gesteigerten Dunkelheit nicht ohne einige Spuren des inneren Lichts ist, die ihn zur Wahrheit führen, und dann Mut, diesem schwachen Lichte zu folgen. Der erstere ist bildlich mit dem französischen Ausdruck coup d'oeil bezeichnet worden, der andere ist die Entschlossenheit.

    Sechstes Kapitel: Nachrichten im Kriege

    Ein großer Teil der Nachrichten, die man im Kriege bekommt, ist widersprechend, ein noch größerer ist falsch und bei weitem der größte einer ziemlichen Ungewißheit unterworfen. Was man hier vom Offizier fordern kann, ist ein gewisses Unterscheiden, was nur Sach- und Menschenkenntnis und Urteil geben können. Das Gesetz des Wahrscheinlichen muß ihn leiten.

    Siebentes Kapitel: Friktion im Kriege

    Es ist alles im Kriege sehr einfach, aber das Einfachste ist schwierig. Diese Schwierigkeiten häufen sich und bringen eine Friktion hervor, die sich niemand richtig vorstellt, der den Krieg nicht gesehen hat. So stimmt sich im Kriege durch den Einfluß unzähliger kleiner Umstände, die auf dem Papier nie gehörig in Betrachtung kommen können, alles herab, und man bleibt weit hinter dem Ziel. Ein mächtiger eiserner Wille überwindet diese Friktion, er zermalmt die Hindernisse, aber freilich die Maschine mit.

    Das Handeln im Kriege ist eine Bewegung im erschwerenden Mittel. Sowenig man imstande ist, im Wasser die natürlichste und einfachste Bewegung, das bloße Gehen, mit Leichtigkeit und Präzision zu tun, sowenig kann man im Kriege mit gewöhnlichen Kräften auch nur die Linie des Mittelmäßigen halten.

    Zweites Buch. Über die Theorie des Krieges

    Erstes Kapitel: Einteilung der Kriegskunst

    Es ist also nach unserer Einteilung die Taktik die Lehre vom Gebrauch der Streitkräfte im Gefecht, die Strategie die Lehre vom Gebrauch der Gefechte zum Zweck des Krieges.

    Achtes Buch. Kriegsplan

    Zweites Kapitel: Absoluter und wirklicher Krieg

    Man fängt keinen Krieg an, oder man sollte vernünftigerweise keinen anfangen, ohne sich zu sagen, was man mit und was man in demselben erreichen will, das erstere ist der Zweck, das andere das Ziel. Durch diesen Hauptgedanken werden alle Richtungen gegeben, der Umfang der Mittel, das Maß der Energie bestimmt, und er äußert seinen Einfluß bis in die kleinsten Glieder der Handlung hinab.

    Drittes Kapitel: B. Von der Größe des kriegerischen Zweckes und der Anstrengung

    Der Zwang, welchen wir unserem Gegner antun müssen, wird sich nach der Größe unserer und seiner politischen Forderungen richten.

    Um also das Maß der Mittel kennenzulernen, welches wir für den Krieg aufzubieten haben, müssen wir den politischen Zweck desselben unsererseits und von seiten des Feindes bedenken; wir müssen die Kräfte und Verhältnisse des feindlichen Staates und des unserigen, wir müssen den Charakter seiner Regierung, seines Volkes, die Fähigkeiten beider, und alles das wieder von unserer Seite, wir müssen die politischen Verbindungen anderer Staaten und die Wirkungen, welche der Krieg darin hervorbringen kann, in Betrachtung ziehen. Daß das Abwägen dieser mannigfachen und mannigfach durcheinandergreifenden Gegenstände eine große Aufgabe, daß es ein wahrer Lichtblick des Genies ist, hierin schnell das Rechte herauszufinden, während es ganz unmöglich sein würde, durch eine bloße schulgerechte Überlegung der Mannigfaltigkeit Herr zu werden, ist leicht zu begreifen.

    In diesem Sinne hat Bonaparte ganz richtig gesagt: es würde eine algebraische Aufgabe werden, vor der selbst ein Newton zurückschrecken könnte.

    Viertes Kapitel: Nähere Bestimmungen des kriegerischen Zieles. Niederwerfung des Feindes

    Das Ziel des Krieges sollte nach seinem Begriff stets die Niederwerfung des Gegners sein; dies ist die Grundvorstellung, von der wir ausgehen.

    Was ist nun diese Niederwerfung?

    Wir glauben daher, daß nach der Masse der Erfahrungen folgende Umstände die Niederwerfung des Gegners hauptsächlich ausmachen:

    1. Zertrümmerung seines Heeres, wenn es einigermaßen eine Potenz bildet.
    2. Einnahme der feindlichen Hauptstadt, wenn sie nicht bloß der Mittelpunkt der Staatsgewalten, sondern auch der Sitz politischer Körper und Parteiungen ist.
    3. Ein wirksamer Stoß gegen den hauptsächlichsten Bundesgenossen, wenn dieser an sich bedeutender ist als der Gegner.

    Sechstes Kapitel: A. Einfluß des politischen Zweckes auf das kriegerische Ziel

    Niemals wird man sehen, daß ein Staat, der in der Sache eines anderen auftritt, diese so ernsthaft nimmt wie seine eigene. Eine mäßige Hilfsarmee wird vorgesandt; ist sie nicht glücklich, so sieht man die Sache ziemlich als abgemacht an und sucht so wohlfeil als möglich herauszukommen.

    Sechstes Kapitel: B. Der Krieg ist ein Instrument der Politik

    Nachdem wir uns bis jetzt bei dem Zwiespalt, in dem die Natur des Krieges mit anderen Interessen des einzelnen Menschen und des gesellschaftlichen Verbandes steht, bald nach der einen, bald nach der anderen Seite haben umsehen müssen, um keines dieser entgegengesetzten Elemente zu vernachlässigen, … wollen wir nun diejenige Einheit suchen, zu welcher sich im praktischen Leben diese widers prechenden Elemente verbinden, indem sie sich teilweis gegenseitig neutralisieren. Diese Einheit nun ist der Begriff, daß der Krieg nur ein Teil des politischen Verkehrs sei, also durchaus nichts Selbständiges.

    Wir behaupten dagegen, der Krieg ist nichts als eine Fortsetzung des politischen Verkehrs mit Einmischung anderer Mittel. Wir sagen mit Einmischung anderer Mittel, um damit zugleich zu behaupten, daß dieser politische Verkehr durch den Krieg selbst nicht aufhört, nicht in etwas ganz anderes verwandelt wird, sondern daß er in seinem Wesen fortbesteht, wie auch seine Mittel gestaltet sein mögen, deren er sich bedient, und daß die Hauptlinien, an welchen die kriegerischen Ereignisse fortlaufen und gebunden sind, nur seine Lineamente sind, die sich zwischen den Krieg durch bis zum Frieden fortziehen. Und wie wäre es anders denkbar? Hören denn mit den diplomatischen Noten je die politischen Verhältnisse verschiedener Völker und Regierungen auf? Ist nicht der Krieg bloß eine andere Art von Schrift und Sprache ihres Denkens? Er hat freilich seine eigene Grammatik, aber nicht seine eigene Logik.

    Die Politik, indem sie sich des Krieges bedient, weicht allen strengen Folgerungen aus, welche aus seiner Natur hervorgehen, bekümmert sich wenig um die endlichen Möglichkeiten und hält sich nur an die nächsten Wahrscheinlichkeiten. Kommt dadurch viel Ungewißheit in den ganzen Handel, wird er also zu einer Art Spiel, so hegt die Politik eines jeden Kabinetts zu sich das Vertrauen, es dem Gegner in Gewandtheit und Scharfsicht bei diesem Spiel zuvorzutun.

    So macht also die Politik aus dem alles überwältigenden Element des Krieges ein bloßes Instrument; aus dem furchtbaren Schlachtschwert, was mit beiden Händen und ganzer Leibeskraft aufgehoben sein will, um damit einmal und nicht mehr zuzuschlagen, einen leichten, handlichen Degen, der zuweilen selbst zum Rapier wird, und mit dem sie Stöße, Finten und Paraden abwechseln läßt.

    So lösen sich die Widersprüche, in welche der Krieg den von Natur furchtsamen Menschen verwickelt, wenn man dies für eine Lösung gelten lassen will.

    Gehört der Krieg der Politik an, so wird er ihren Charakter annehmen. Sobald sie großartiger und mächtiger wird, so wird es auch der Krieg, und das kann bis zu der Höhe steigen, wo der Krieg zu seiner absoluten Gestalt gelangt.

    Daß die Politik alle Interessen der inneren Verwaltung, auch die der Menschlichkeit, und was sonst der philosophische Verstand zur Sprache bringen könnte, in sich vereinigt und ausgleicht, wird vorausgesetzt; denn die Politik ist ja nichts an sich, sondern ein bloßer Sachwalter aller dieser Interessen gegen andere Staaten. Daß sie eine falsche Richtung haben, dem Ehrgeiz, dem Privatinteresse, der Eitelkeit der Regierenden vorzugsweise dienen kann, gehört nicht hierher; denn in keinem Fall ist es die Kriegskunst, welche als ihr Präzeptor betrachtet werden kann, und wir können hier die Politik nur als Repräsentanten aller Interessen der ganzen Gesellschaft betrachten.

    1.2. Grundlegende Texte aus der Gegenwart

    1.2.1. Satzung der Vereinten Nationen

    WIR, DIE VÖLKER DER VEREINTEN NATIONEN, ENTSCHLOSSEN,

    Die kommenden Generationen vor der Geißel des Krieges zu bewahren, die zweimal zu unseren Lebzeiten unsägliches Leid über die Menschheit gebracht hat,

    UND FÜR DIESE ZWECKE

    Unsere Macht zu vereinen, um den Weltfrieden und die internationale Sicherheit aufrechtzuerhalten und

    Durch die Annahme von Grundsätzen und die Schaffung entsprechender Methoden sicherzustellen, daß Waffengewalt nicht zur Anwendung komme, es sei denn im Interesse des Gemeinwohles,

    HABEN BESCHLOSSEN, UNSERE ANSTRENGUNGEN ZU VEREINEN, UM DIESE ABSICHTEN ZU ERREICHEN.

    Kapitel VII. Maßnahmen bei Bedrohung des Friedens, bei Friedensbrüchen und Angriffshandlungen

    Artikel 39. 1. Der Sicherheitsrat hat jedesmal festzustellen, daß eine Bedrohung des Friedens, ein Friedensbruch oder eine Angriffshandlung vorliegt, und erstattet Empfehlungen oder beschließt, welche Maßnahmen gemäß Artikel 41 und 42 zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit zu ergreifen sind.

    Artikel 42. Sollte der Sicherheitsrat zur Auffassung gelangen, daß die in Artikel 41 vorgesehenen Maßnahmen nicht genügen oder sich als ungeeignet erwiesen haben, kann er durch Luft-, See- oder Landstreitkräfte die Operationen durchführen, die zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit nötig sind.

    Artikel 51. Keine Bestimmung der vorliegenden Satzung beeinträchtigt das Naturrecht individueller oder kollektiver Selbstverteidigung, wenn ein Angriff mit Waffengewalt gegen ein Mitglied der Vereinten Nationen erfolgt, bis der Sicherheitsrat die zur Aufrechterhaltung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat.

    1.2.2. Charta von Paris

    FÜR EIN NEUES EUROPA

    Paris, 19.- 21. November 1990

    Wir verpflichten uns, die Demokratie als die einzige Regierungsform unserer Nationen aufzubauen, zu festigen und zu stärken.

    In Übereinstimmung mit unseren Verpflichtungen gemäß der Charta der Vereinten Nationen und der Schlußakte von Helsinki erneuern wir unser feierliches Versprechen, uns jeder gegen die territoriale Integrität oder politische Unabhängigkeit eines Staates gerichteten Androhung oder Anwendung von Gewalt oder jeder sonstigen mit den Grundsätzen oder Zielen dieser Dokumente unvereinbaren Handlung zu enthalten. Wir erinnern daran, daß die Nichterfüllung der in der Charta der Vereinten Nationen enthaltenen Verpflichtungen einen Verstoß gegen das Völkerrecht darstellt.

    Wir beschließen, Mechanismen zur Verhütung und Lösung von Konflikten zwischen den Teilnehmerstaaten zu entwickeln.

    Nun, da die Teilung Europas zu Ende geht, werden wir unter uneingeschränkter gegenseitiger Achtung der Entscheidungsfreiheit eine neue Qualität in unseren Sicherheitsbeziehungen anstreben. Sicherheit ist unteilbar, und die Sicherheit jedes Teilnehmerstaates ist untrennbar mit der aller anderen verbunden. Wir verpflichten uns daher, bei der Festigung von Vertrauen und Sicherheit untereinander sowie bei der Förderung der Rüstungskontrolle und Abrüstung zusammenzuarbeiten.

    Wir sind entschlossen, den wertvollen Beitrag nationaler Minderheiten zum Leben unserer Gesellschaften zu fördern, und verpflichten uns, deren Lage weiter zu verbessern. Wir bekräftigen unsere tiefe Überzeugung, daß freundschaftliche Beziehungen zwischen unseren Völkern sowie Friede, Gerechtigkeit, Stabilität und Demokratie den Schutz der ethnischen, kulturellen, sprachlichen und religiösen Identität nationaler Minderheiten und die Schaffung von Bedingungen für die Förderung dieser Identität erfordern. Wir erklären, daß Fragen in bezug auf nationale Minderheiten nur unter demokratischen Bedingungen befriedigend gelöst werden können. Ferner erkennen wir an, daß die Rechte von Angehörigen nationaler Minderheiten als Teil der allgemein anerkannten Menschenrechte uneingeschränkt geachtet werden müssen.

    1.2.3. Gemeinsame Sicherheit 2022 - Olof-Palme-Report 2022

    Die Welt steht an einem Scheideweg. Sie steht vor der Wahl zwischen einer Existenz auf der Grundlage von Wettbewerb und Aggression oder einer Existenz, die auf einer transformativen Friedensagenda und gemeinsamer Sicherheit beruht. Im Jahr 2022 ist die Menschheit mit den existenziellen Bedrohungen eines Atomkriegs, des Klimawandels und von Pandemien konfrontiert. Hinzu kommt eine giftige Mischung aus Ungleichheit, Extremismus, Nationalismus, geschlechtsspezifischer Gewalt und schrumpfendem demokratischen Raum. Wie die Menschheit auf diese Bedrohungen reagiert, wird über unser Überleben entscheiden.

    Das globale Sicherheitssystem steht auf der Kippe. Im Bericht des UN-Generalsekretärs Unsere gemeinsame Agenda heißt es: "Die Menschheit steht vor einer dringenden Entscheidung: Zusammenbruch oder Durchbruch".

    Um das Ruder herumzureißen, müssen wir:

    • Die UN-Charta auf der Grundlage der Rechte und Pflichten von „uns, den Völkern“ bekräftigen. Internationale Zusammenarbeit und die Achtung des Völkerrechts müssen für alle Staaten von grundlegender Bedeutung sein.
    • Erkennen, dass Frieden und Sicherheit in der Welt gemeinsam geschaffen werden - wenn das Gegenüber nicht sicher ist, werden auch man selbst nicht sicher sein. Das in der UN-Charta verankerte Verbot der Gewaltanwendung und die Unverletzlichkeit der Grenzen müssen geachtet werden.
    • Anerkennen, dass die Gefahren eines Atomkriegs und der Klimawandel existenzielle Bedrohungen für die Menschheit darstellen.
    • Aufbau einer Weltordnung, die sich an den Bedürfnissen der Menschen orientiert. Es gibt keine Entwicklung ohne Frieden und keinen Frieden ohne Entwicklung. Und beides ist ohne die Achtung der Menschenrechte nicht möglich.

    Gemeinsame Sicherheit 2022: Die Grundsätze

    1. Alle Menschen haben das Recht auf menschliche Sicherheit: Freiheit von Furcht und Freiheit von Not
    2. Der Aufbau von Vertrauen zwischen Nationen und Völkern ist eine Grundvoraussetzung für eine friedliche und nachhaltige menschliche Existenz
    3. Es kann keine gemeinsame Sicherheit geben ohne nukleare Abrüstung, strenge Beschränkungen für konventionelle Waffen und reduzierte Militärausgaben
    4. Globale und regionale Zusammenarbeit, Multilateralismus und Rechtsstaatlichkeit sind entscheidend für die Bewältigung vieler Herausforderungen in der Welt
    5. Dialog, Konfliktverhütung und vertrauensbildende Maßnahmen müssen an die Stelle von Aggression und militärischer Gewalt als Mittel zur Beilegung von Streitigkeiten treten
    6. Bessere Rechtsetzung, internationales Recht und verantwortungsvolle Regierungsführung müssen auch auf neue Militärtechnologien ausgedehnt werden, wie z.B. im Bereich des cyber space, des Weltraums und der "künstlichen Intelligenz".

    1.2.4. Der „Realismus“ in der Theorie der Internationalen Beziehungen.

    Grundidee des Realismus

    Der Realismus ist eine Denkschule der internationalen Beziehungen, die davon ausgeht, dass Macht und Sicherheit die zentralen Triebkräfte staatlichen Handelns sind.

    Die Weltpolitik wird als Kampf ums Überleben in einem anarchischen System verstanden – es gibt keine übergeordnete Autorität, die Ordnung garantiert.

    Grundannahmen nach Mearsheimer

    1. Anarchie: Das internationale System kennt keine zentrale Gewalt. Jeder Staat ist auf sich allein gestellt.
    2. Staaten als Hauptakteure: Nur Staaten zählen wirklich; internationale Organisationen oder Unternehmen spielen eine untergeordnete Rolle.
    3. Überleben als oberstes Ziel: Jeder Staat will seine Existenz sichern. Sicherheit ist wichtiger als Moral oder Ideale.
    4. Macht als Mittel zur Sicherheit: Je mehr Macht ein Staat hat, desto sicherer ist er. Macht ist primär militärisch zu verstehen.
    5. Misstrauen und Konkurrenz: Staaten können nie sicher sein, was andere tun werden. Dieses Misstrauen führt zu Konkurrenz und Aufrüstung.

    Mearsheimer vertritt den sogenannten offensiven Realismus. Er geht davon aus, dass Staaten nicht nur genug Macht wollen, um sich zu verteidigen, sondern so viel wie möglich, um ihre Sicherheit dauerhaft zu garantieren. In einer anarchischen Welt sind Großmächte gezwungen, nach regionaler Hegemonie zu streben.

    Konsequenzen

    • Großmächte versuchen, rivalisierende Mächte zu schwächen.
    • Sie wollen verhindern, dass andere Staaten zu stark werden.
    • Kooperation ist selten stabil, weil sie Abhängigkeiten schafft.

    Beispiel: Ukrainekrieg: Mearsheimer deutet den Krieg aus realistischer Sicht:

    • Russland handelt aus sicherheitspolitischen Gründen – es will verhindern, dass die Ukraine Teil des westlichen Machtblocks (NATO, EU) wird.
    • Der Westen hat Russlands Sicherheitsinteressen ignoriert, wodurch eine machtpolitische Reaktion provoziert wurde.

    Damit erklärt Mearsheimer den Konflikt nicht moralisch, sondern strukturell – als Ergebnis der Logik des Macht(un-)gleichgewichts.

    Zentrale Begriffe

    Begriff Bedeutung
    Anarchie Kein Weltstaat → Unsicherheit & Konkurrenz.
    Sicherheitsdilemma Mehr Sicherheit eines Staates = Bedrohung anderer.
    Machtbalance Bündnisse halten das Gleichgewicht der Mächte.
    Hegemonie Dominanz in einer Region = eigene Sicherheit.

    Kurzformel:

    Die internationale Politik ist ein permanenter Machtkampf in einer unsicheren Welt. Moralische Appelle zählen wenig – was zählt, ist Stärke.

    1.3. Texte aus 2021 und 2022

    1.3.1. Ukrainisches Sprachgesetz

    Das ukrainische Sprachgesetz von 2022, offiziell bekannt als „Gesetz zur Sicherstellung der Funktion der ukrainischen Sprache als Staatssprache“, trat am 16. Januar 2022 in Kraft und führte die Bestimmungen des 2019 verabschiedeten Gesetzes weiter aus. Es zielt darauf ab, die ukrainische Sprache in allen Bereichen des öffentlichen Lebens zu etablieren und die Verwendung anderer Sprachen, insbesondere des Russischen, zurückzudrängen.

    Inhalt des Gesetzes

    • Alle Printmedien, einschließlich Zeitungen und Zeitschriften, müssen in ukrainischer Sprache veröffentlicht werden. Wenn sie zusätzlich in einer anderen Sprache erscheinen, muss die ukrainische Version denselben Inhalt, Umfang und Erscheinungstag wie die andere Version haben. Abonnements für Printmedien in anderen Sprachen sind nur zulässig, wenn auch eine ukrainische Ausgabe verfügbar ist. Ausnahmen gelten für Medien in der Krimtatarischen Sprache, Englisch und anderen offiziellen EU-Sprachen.
    • Websites von staatlichen Stellen, lokalen Selbstverwaltungsbehörden, staatlichen und kommunalen Unternehmen sowie Medien, die in der Ukraine registriert sind, müssen in ukrainischer Sprache betrieben werden. Die ukrainische Version muss dabei standardmäßig geladen werden und denselben Inhalt wie die Versionen in anderen Sprachen aufweisen.
    • In öffentlichen Einrichtungen, bei staatlichen und kommunalen Dienstleistungen sowie in der Werbung ist die Verwendung der ukrainischen Sprache verpflichtend. Verstöße gegen diese Regelungen können mit Geldbußen geahndet werden.

    Kritische Stimmen

    Obwohl das Gesetz breite Unterstützung in der ukrainischen Bevölkerung findet, gibt es auch Bedenken hinsichtlich der Rechte von Minderheiten. Die Venedig-Kommission des Europarates äußerte Bedenken, dass das Gesetz nicht ausreichend zwischen der Förderung der ukrainischen Sprache und dem Schutz der Sprachrechte von Minderheiten abwägt.

    Zusätzlich wurde am 19. Juni 2022 ein weiteres Gesetz verabschiedet, das den Import und die Verbreitung von russischen Büchern und Musik einschränkt. Dies umfasst ein Verbot des Imports von Büchern aus Russland, Belarus und besetzten ukrainischen Gebieten sowie eine Erhöhung der Quoten für ukrainische Inhalte in den Medien.

    1.3.2. Dekret des Präsidenten der Ukraine vom 24. März 2021 Nr. 117/2021

    Präsident der Ukraine: Anordnung vom 24. März 2021 Nr. 117/2021

    Entbesetzung und Wiedereingliederung des vorübergehend besetzten Gebiets der Autonomen Republik Krim und der Stadt Sewastopol

    Die 2014 begonnene bewaffnete Aggression der Russischen Föderation gegen die Ukraine führte zur vorübergehenden Besetzung integraler Teile des Territoriums der Ukraine durch die Russische Föderation - der Autonomen Republik Krim und der Stadt Sewastopol, bestimmter Gebiete in den Regionen Donezk und Luhansk - und schuf den ersten Präzedenzfall in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg, als versucht wurde, einen Teil des Territoriums eines Staates durch einen anderen zu annektieren.

    Die Russische Föderation hat als eine der Vertragsparteien des Memorandums über Sicherheitsgarantien im Zusammenhang mit dem Beitritt der Ukraine zum Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen von 1994 ihre internationalen Verpflichtungen aus diesem internationalen Vertrag grob missachtet, eines der Grundprinzipien des Völkerrechts über die Unverletzlichkeit der Grenzen verletzt und die Architektur des europäischen Sicherheitssystems verändert.

    Um die Bedingungen für die Entbesetzung und sichere Wiedereingliederung des vorübergehend besetzten Gebiets der Autonomen Republik Krim und der Stadt Sewastopol zu schaffen, bestimmt die Ukraine die Strategie der De-Besetzung und Wiedereingliederung des vorübergehend besetzten Gebiets der Autonomen Republik Krim und der Stadt Sewastopol Krim und die Stadt Sewastopol.

    1. Das End-to-End-Element der Politik der Entbesetzung und Wiedereingliederung des vorübergehend besetzten Gebiets der Autonomen Republik Krim und der Stadt Sewastopol (im Folgenden als vorübergehend besetztes Gebiet bezeichnet) ist die Durchführung einer Reihe von Maßnahmen diplomatischer, militärischer, wirtschaftlicher, informationeller, humanitärer und anderer Art.
    2. Die Bildung einer Politik der Ent-Besetzung und Wiedereingliederung des vorübergehend besetzten Gebiets in der Ukraine wird mit Maßnahmen zur Schaffung von Frieden, zur Stärkung der Verteidigungsfähigkeit des Staates, zur Gewährleistung der weiteren sozio-politischen und sozioökonomischen Entwicklung der Ukraine auf der Grundlage der europäischen und euro-atlantischen Integration kombiniert.
    3. Die Ziele der staatlichen Politik zur Gewährleistung der Entgewaltung des vorübergehend besetzten Gebiets und seiner sicheren Wiedereingliederung sind: Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine innerhalb ihrer international anerkannten Staatsgrenze, Gewährleistung der staatlichen Souveränität der Ukraine;
    4. Die Ukraine betont die Priorität der politischen und diplomatischen Mittel zur Lösung des von der Russischen Föderation entfesselten bewaffneten Konflikts, der Wiederherstellung und der Friedenskonsolidierung.
    5. Die Ukraine behält sich das Recht vor, alle im Völkerrecht und in der nationalen Gesetzgebung vorgesehenen Mittel anzuwenden, um die Menschenrechte und Freiheiten sowie die nationalen Interessen zu schützen, die territoriale Integrität der Ukraine innerhalb ihrer international anerkannten Staatsgrenze wiederherzustellen und die staatliche Souveränität zu gewährleisten.
    6. Die Ukraine ergreift die im Gesetz der Ukraine "Über Sanktionen" vorgesehenen Maßnahmen und andere rechtliche Maßnahmen gegen die sogenannten "Beamten und Beamten" der Besatzungsverwaltung der Russischen Föderation und die bewaffneten Formationen der Russischen Föderation, Beamte und Beamte der Russischen Föderation, die unmittelbar an der vorübergehenden Besetzung des Territoriums der Autonomen Republik Krim und der Stadt Sewastopol beteiligt sind, juristische Personen der Russischen Föderation und anderer Staaten, die im vorübergehend besetzten Gebiet an illegalen Aktivitäten beteiligt sind.
    7. Die Ukraine schafft moderne Dienstleistungszonen an den Ein- und Ausreisekontrollpunkten in das vorübergehend besetzte Gebiet, um den ukrainischen Bürgern, die in dem vorübergehend besetzten Gebiet leben, administrative und andere Dienstleistungen zu erbringen, insbesondere um eine qualifizierte elektronische Signatur, die Möglichkeit des Abschlusses von Verträgen mit Hausärzten und die Nutzung staatlicher Programme für den Zugang zu Arzneimitteln zu erhalten.
    8. Die Ukraine wendet sich gegen Versuche, ethnische und religiöse Faktoren zu nutzen, um die Besatzungsaktivitäten der Russischen Föderation, ihre Besatzungsverwaltung in dem vorübergehend besetzten Gebiet oder die künstliche Schaffung von Schismen in der ukrainischen Gesellschaft zu legitimieren.
    9. Die Ukraine bietet eine spezielle Ausbildung der Streitkräfte der Ukraine und anderer militärischer Formationen, die nach dem Gesetz der Ukraine vorgesehen sind, der Strafverfolgungsbehörden zur Erfüllung ihrer Aufgaben unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Prozesse der Entsatzung und Wiedereingliederung sowie unter Nutzung der Erfahrungen ukrainischer Bürger, die an internationalen Friedenssicherungs- und Sicherheitsoperationen teilgenommen haben.
    10. Die Ukraine gründet und entwickelt die Plattform für die Krim als zentrales außenpolitisches Instrument zur Konsolidierung der internationalen Bemühungen um die Entrechtung und Wiederherstellung der territorialen Unversehrtheit der Ukraine, zur Überwindung der Folgen der vorübergehenden Besetzung der Autonomen Republik Krim und der Stadt Sewastopol durch die Russische Föderation sowie zum Schutz der Rechte und Interessen der ukrainischen Bürger.
    11. Die Ukraine behält sich gemäß Art. 51 der Charta der Vereinten Nationen das Recht vor, alle im Völkerrecht und in der Gesetzgebung der Ukraine vorgesehenen Mittel anzuwenden, um die Rechte und Freiheiten des Menschen und der Bürger, die Unabhängigkeit, die staatliche Souveränität und die territoriale Unversehrtheit zu schützen.
    12. Das Ministerkabinett der Ukraine entwickelt und genehmigt einen Maßnahmenplan zur Umsetzung der Strategie für die Entbesetzung und Wiedereingliederung des vorübergehend besetzten Gebiets der Autonomen Republik Krim und der Stadt Sewastopol, auf dessen Grundlage die zuständigen staatlichen Stellen Aktionspläne ausarbeiten und umsetzen, um die Entbesetzung des vorübergehend besetzten Gebiets sicherzustellen.

    1.3.3. Charta der strategischen Partnerschaft zwischen den USA und der Ukraine

    Das Folgende ist der Text der US-Ukraine-Charta der strategischen Partnerschaft, die von US-Außenminister Antony J. Blinken und dem ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba am 10. November 2021 in Washington, DC, unterzeichnet wurde.

    Präambel

    Die Vereinigten Staaten und die Ukraine:

    1. Bekräftigen die Bedeutung unserer Beziehungen als Freunde und strategische Partner, die sowohl auf unseren gemeinsamen Werten als auch auf gemeinsamen Interessen beruhen, einschließlich des Engagements für ein geeintes, freies, demokratisches und friedliches Europa.Sie bekräftigen, dass die zwischen unseren beiden Nationen bestehende strategische Partnerschaft für die Sicherheit der Ukraine und Europas insgesamt von entscheidender Bedeutung ist.
    2. Sie betonen Sie das unerschütterliche Bekenntnis zur Souveränität, Unabhängigkeit und territorialen Integrität der Ukraine innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen, einschließlich der Krim und der Ausdehnung auf ihre Hoheitsgewässer angesichts der anhaltenden russischen Aggression, die den Frieden und die Stabilität in der Region bedroht und die globale regelbasierte Ordnung untergräbt.

    Abschnitt II: Sicherheit und Bekämpfung der russischen Aggression

    Die Vereinigten Staaten und die Ukraine teilen ein vitales nationales Interesse an einer starken, unabhängigen und demokratischen Ukraine. Die Stärkung der Fähigkeit der Ukraine, sich gegen Bedrohungen ihrer territorialen Integrität zu verteidigen, und die Vertiefung der Integration der Ukraine in die euro-atlantischen Institutionen sind gleichzeitig Prioritäten.

    1. Die Vereinigten Staaten und die Ukraine beabsichtigen, eine Reihe substanzieller Maßnahmen fortzusetzen, um eine externe direkte und hybride Aggression gegen die Ukraine zu verhindern und Russland für solche Aggressionen und Verstöße gegen das Völkerrecht zur Rechenschaft zu ziehen, einschließlich der Eroberung und versuchten Annexion der Krim und des von Russland geführten bewaffneten Konflikts in Teilen der Regionen Donezk und Luhansk der Ukraine sowie sein anhaltendes bösartiges Verhalten. Die Vereinigten Staaten beabsichtigen, die Bemühungen der Ukraine zur Bekämpfung bewaffneter Aggressionen, wirtschaftlicher und energetischer Störungen und böswilliger Cyberaktivitäten Russlands zu unterstützen, unter anderem durch die Aufrechterhaltung von Sanktionen gegen oder im Zusammenhang mit Russland und die Anwendung anderer einschlägiger Maßnahmen bis zur Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen.
    2. Die Vereinigten Staaten sind weiterhin entschlossen, die Ukraine bei den laufenden Verteidigungs- und Sicherheitsreformen zu unterstützen und ihre robuste Ausbildung und Übungen fortzusetzen. Die Vereinigten Staaten unterstützen die Bemühungen der Ukraine, ihren Status als NATO Enhanced Opportunities Partner zur Förderung der Interoperabilität zu maximieren.

    1.3.4. Russische Vertragsentwürfe für die USA und NATO und Antworten

    Entwurf: Vertrag zwischen Russland und den Vereinigten Staaten von Amerika über Sicherheitsgarantien

    Die Vertragsparteien arbeiten auf der Grundlage der Grundsätze der unteilbaren und gleichen Sicherheit und der ungeschmälerten Sicherheit füreinander zusammen. Und zu diesem Zweck ergreifen, beteiligen sich nicht an oder unterstützen keine Maßnahmen, die die Sicherheit der anderen Vertragspartei beeinträchtigen, und setzen keine Sicherheitsmaßnahmen um, die einzeln oder im Rahmen einer internationalen Organisation, eines Militärbündnisses oder einer Koalition ergriffen werden und die die grundlegenden Sicherheitsinteressen der anderen Vertragspartei untergraben würden.

    Die Vereinigten Staaten verpflichten sich, eine weitere Osterweiterung der Nordatlantikpakt-Organisation auszuschließen und die Aufnahme von Staaten, die früher zur Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken gehörten, in das Bündnis zu verweigern.

    Die Vereinigten Staaten errichten keine Militärstützpunkte im Hoheitsgebiet von Staaten, die früher zur Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken gehörten und nicht Mitglied der Nordatlantikpakt-Organisation sind, nutzen deren Infrastruktur nicht zur Durchführung militärischer Aktivitäten und entwickeln keine bilaterale militärische Zusammenarbeit mit ihnen.

    Die Antwort der USA auf Russlands Vorschläge

    Wir sind bereit, Russland auf bilateraler Ebene in den Strategischen Stabilitätsdialog zwischen den USA und Russland, in den NATO-Russland-Rat und in die OSZE einzubinden, um konkrete Verbesserungen der Sicherheit in Europa zu erreichen. In diesen Dialogen sind die Vereinigten Staaten offen für die Erörterung von Sicherheitsfragen, die für Russland, die Vereinigten Staaten und unsere Verbündeten und Partner von Bedeutung sind. Die Vereinigten Staaten unterstützen weiterhin nachdrücklich die Politik der offenen Tür der NATO und sind der Auffassung, dass der NATO-Russland-Rat das geeignete Forum für die Erörterung dieser Frage ist (Artikel 4 des von Russland vorgeschlagenen bilateralen Vertrags).

    Wir sind auch bereit, die Unteilbarkeit der Sicherheit – und unsere jeweiligen Auslegungen dieses Konzepts – zu erörtern, wie sie in Artikel 1 des von Russland vorgeschlagenen Entwurfs eines bilateralen Vertrags dargelegt ist. Wir nehmen das gemeinsam vereinbarte Konzept der umfassenden, kollektiven, gleichen und unteilbaren Sicherheit ernst, das in der Gedenkerklärung des OSZE-Gipfels von Astana 2010 dargelegt wurde, in der sowohl die Vereinigten Staaten als auch Russland das jedem Teilnehmerstaat innewohnende Recht bekräftigten, seine Sicherheitsvereinbarungen, einschließlich verbündeter Verträge, frei zu wählen oder zu ändern.

    Entwurf: Abkommen über Sicherheitsmaßnahmen zwischen Russland und den Mitgliedstaaten der Nordatlantikpakt-Organisation

    Russland und die Mitgliedstaaten der Nordatlantikpakt-Organisation (NATO), im Folgenden „Vertragsparteien“ genannt, sind … wie folgt übereingekommen:

    Die Vertragsparteien gestalten ihre Beziehungen untereinander auf der Grundlage der Grundsätze der Zusammenarbeit sowie der gleichen und unteilbaren Sicherheit. Sie dürfen ihre Sicherheit weder einzeln noch innerhalb einer internationalen Organisation, eines Militärbündnisses oder einer Koalition auf Kosten der Sicherheit anderer stärken.

    Die Vertragsparteien verpflichten sich, keine Bedingungen oder Situationen zu schaffen, die eine Bedrohung der nationalen Sicherheit anderer Mitglieder darstellen oder als solche angesehen werden könnten.

    Russland und alle Vertragsparteien, die am 27. Mai 1997 Mitgliedstaaten der Nordatlantikpakt-Organisation waren, stationieren ihre Streitkräfte und Rüstungsgüter nicht zusätzlich zu den Streitkräften und Rüstungsgütern, die am 27. Mai 1997 im Hoheitsgebiet eines anderen europäischen Staates stationiert waren. In Ausnahmefällen, in denen es erforderlich ist, eine Bedrohung der Sicherheit einer oder mehrerer Vertragsparteien zu neutralisieren, können solche Stationierungen mit Zustimmung aller Vertragsparteien durchgeführt werden.

    Die Vertragsparteien, die Mitgliedstaaten der Nordatlantikpakt-Organisation sind, verpflichten sich, eine weitere Ausdehnung der NATO, einschließlich des Beitritts der Ukraine und anderer Staaten, auszuschließen.

    Die Antwort der NATO auf Russlands Vorschlag

    1. Die NATO ist ein Verteidigungsbündnis und stellt keine Bedrohung für Russland dar.
    2. Wir sind der festen Überzeugung, dass Konflikte und Meinungsverschiedenheiten durch Dialog und Diplomatie, ohne Drohungen oder Gewaltanwendung gelöst werden sollten. Angesichts der substantiellen, unprovozierten, ungerechtfertigten und anhaltenden russischen Militäraufrüstung in und nahe der Ukraine und in Weißrussland fordern wir Russland auf, die Spannungen unverzüglich abzubauen – dies muss nachprüfbar, zeitnah und langfristig geschehen. Wir bekräftigen unsere Unterstützung für die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine, einschließlich der Krim, innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen. Eine Lösung des Ukraine-Konflikts im Einklang mit den Punkten des Minsker Abkommens und auf der Grundlage der vereinbarten Formate könnte die Sicherheitslage und die Stabilitätsaussichten in Europa erheblich verbessern.
    3. Europäische Sicherheit, einschließlich der Situation in und um die Ukraine:
      • 8.1 Alle Länder sollen die Grundsätze der Souveränität, der Unverletzlichkeit der Grenzen und der territorialen Integrität der Staaten achten und einhalten und auf die Androhung von Gewalt verzichten.
      • 8.2 Alle Staaten respektieren das Recht anderer Staaten, Sicherheitsvereinbarungen zu wählen oder zu ändern und ihre eigene Zukunft und Außenpolitik ohne Einmischung von außen zu bestimmen. In diesem Sinne bekräftigen wir unser Bekenntnis zur Politik der offenen Tür der NATO im Einklang mit Artikel 10 des Washingtoner Vertrags.
    4. Wir sind weiterhin offen für konstruktive Gespräche und einen Dialog mit Russland über gegenseitige Transparenz und vertrauensbildende Maßnahmen, einschließlich der Erörterung der folgenden Vorschläge:

    1.3.5. Pressekonferenz von Bundeskanzler Scholz und Präsident Putin zum Besuch des Bundeskanzlers in der Russischen Föderation am 15. Februar 2022

    Präsident Putin: Natürlich haben wir uns offen über russische Initiativen und Vorschläge an die USA und an die Nato ausgetauscht, die sich auf langfristige juristisch verpflichtende Sicherheitsgarantien für Russland beziehen. Gesprochen haben wir auch über die wichtigsten Forderungen. Die wichtigsten davon sind die Nichtzulassung der weiteren Nato-Erweiterung, der Verzicht auf die Installation von Angriffswaffen in der Nähe russischer Grenzen und der Rückzug des militärischen Potenzials und der Infrastruktur der Allianz in Europa auf den Zustand von 1997, als die Russland-Nato-Grundakte unterzeichnet wurde. Russland kann sich nicht davor verschließen, wie die USA und die nordatlantische Allianz ziemlich willkürlich und zu ihren eigenen Gunsten die wichtigsten Grundsätze der gleichen und unteilbaren Sicherheit interpretieren, die in vielen gesamteuropäischen Dokumenten verankert sind.

    Dieser Bedrohung begegnen sollen juristisch verpflichtende Abkommen, deren Entwürfe wir eingereicht haben. Die Antworten, die wir von den USA und den Nato-Mitgliedsländern erhalten haben, entsprechen aus unserer Sicht nicht den wichtigsten Anforderungen Russlands.

    Die Thematik der europäischen Sicherheit wurde auch im Kontext der ukrainischen Konfliktlösung erörtert. Die Kiewer Regierung verweigert sich, wie bekannt ist, der Erfüllung der Minsker Vereinbarung… Es gibt auch keine Bewegung in Grundsatzfragen wie Verfassungsreform, Amnestie, Kommunalwahlen und rechtliche Aspekte des Sonderstatus des Donbass. Man ignoriert Möglichkeiten, die territoriale Integrität des Landes friedlich wiederherzustellen, indem man in einen direkten Dialog mit Donezk und Lugansk eintritt. Massenhaft werden Menschenrechtsverletzungen zugelassen. Gesetzlich verankert ist eine Diskriminierung der russischsprachigen Bevölkerung.

    Bundeskanzler Scholz: In diesem Zusammenhang kann man gar nicht genug betonen, dass wir sehr besorgt darüber sind, was wohl aus den 100 000 Soldaten und ihren Aktivitäten in nächster Zeit werden wird. Wir können keinen vernünftigen Grund für diese Truppenzusammenstellung erkennen.

    Präsident Putin hat mir in unserem Gespräch von den gestrigen Beratungen mit seinem Außenminister und dem Verteidigungsminister berichtet. Ich stimme ausdrücklich zu: Die diplomatischen Möglichkeiten sind bei Weitem noch nicht ausgeschöpft. - Jetzt muss es darum gehen, entschlossen und mutig an einer friedlichen Auflösung dieser Krise zu arbeiten.

    Wir sind bereit, gemeinsam mit allen Partnern und Verbündeten in der EU und der Nato und mit Russland ganz konkrete Schritte zur Verbesserung der gegenseitigen oder noch besser der gemeinsamen Sicherheit zu unternehmen. Dazu hat die Nato bereits zu konkreten thematischen Gesprächen im Nato-Russland-Rat eingeladen. Dazu sind die USA in ihrem bilateralen Gespräch mit Russland bereit. Im Rahmen der OSZE hat der polnische Vorsitz einen neuen, hochrangigen Dialogprozess initiiert. Dazu gehören die Unverletzlichkeit der Grenzen in Europa und die Souveränität und territoriale Unversehrtheit aller Staaten, auch der Ukraine. Sie sind für uns unverhandelbar.

    Für die Bundesregierung ist klar, dass eine weitere militärische Aggression gegen die Ukraine schwerwiegende politische, wirtschaftliche und strategische Konsequenzen zur Folge hätte. Mein Eindruck ist: Das wissen alle ganz genau. - Die Suche nach diplomatischen Lösungen ist ein zentraler Grund meiner Reise nach Kiew gestern und nun nach Moskau.

    Deshalb ist es gut, dass Präsident Selensky gestern fest zugesagt hat, dass der Trilateralen Kontaktgruppe, die im Rahmen des Minsker Prozesses festgesetzt worden ist und in der alle Bet eiligten zusammenkommen, in Kürze alle drei vorgesehenen Gesetzestexte zum Status der Ostukraine, zur Verfassungsänderung und zur Wahlvorbereitung vorliegen werden.

    1.3.6. Putins Rede an das russische Volk zum Beginn der Militäroperation 24.Februar 2022

    Trotz allem haben wir im Dezember 2021 erneut versucht, mit den USA und ihren Verbündeten eine Einigung über die Sicherheitsgrundsätze in Europa und über die Nichterweiterung der NATO zu erzielen. Alles umsonst. Der Standpunkt der USA hat sich nicht geändert. Sie halten eine Einigung mit Russland in dieser für uns wichtigen Frage nicht für notwendig, sie verfolgen ihre eigenen Ziele und setzen sich über unsere Interessen hinweg.

    Schon jetzt, in dem Maße, wie sich die NATO nach Osten ausdehnt, wird die Situation für unser Land von Jahr zu Jahr schlechter und gefährlicher. Darüberhinaus hat die NATO-Führung in den letzten Tagen ausdrücklich von der Notwendigkeit gesprochen, das Vorrücken der Infrastruktur des Bündnisses in Richtung der russischen Grenzen zu beschleunigen und zu forcieren. Wir können nicht länger nur zusehen, was passiert. Das wäre völlig unverantwortlich von uns.

    Das Problem besteht darin, dass auf den an uns angrenzenden Gebieten – wohlgemerkt auf unseren eigenen historischen Territorien – ein „Anti-Russland“ geschaffen wird, das unter vollständige Kontrolle des Auslandes gestellt, von den Streitkräften der NATO-Länder intensiv entwickelt und mit den modernsten Waffen vollgepumpt wird.

    Für unser Land ist es jedoch letztlich eine Frage von Leben und Tod, eine Frage unserer historischen Zukunft als Nation. Und das ist keine Übertreibung – so ist es nun einmal. Das ist eine echte Bedrohung nicht nur für unsere Interessen, sondern für die Existenz unseres Staates und seine Souveränität. Das ist die rote Linie, über die immer wieder gesprochen wurde. Sie haben sie überschritten.

    In diesem Zusammenhang habe ich gemäß Artikel 51 Absatz 7 der Charta der Vereinten Nationen, mit Genehmigung des russischen Föderationsrates und in Übereinstimmung mit den von der Bundesversammlung am 22. Februar dieses Jahres ratifizierten Verträgen über Freundschaft und gegenseitigen Beistand mit der Volksrepublik Donezk und der Volksrepublik Lugansk beschlossen, eine Militäroperation durchzuführen.

    Ihr Ziel ist es, die Menschen zu schützen, die seit acht Jahren von dem Kiewer Regime misshandelt und ermordet werden. Und zu diesem Zweck werden wir uns bemühen, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren und diejenigen vor Gericht zu stellen, die zahlreiche blutige Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung, einschließlich der Bürger der Russischen Föderation, begangen haben. Gleichzeitig sehen unsere Pläne nicht die Besetzung ukrainischer Gebiete vor. Wir haben nicht die Absicht, jemandem etwas mit Gewalt aufzuzwingen.

    1.3.7. Regierungserklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz am 27. Februar 2022

    Der 24. Februar 2022 markiert eine Zeitenwende in der Geschichte unseres Kontinents. Mit dem Überfall auf die Ukraine hat der russische Präsident Putin kaltblütig einen Angriffskrieg vom Zaun gebrochen - aus einem einzigen Grund: Die Freiheit der Ukrainerinnen und Ukrainer stellt sein eigenes Unterdrückungsregime infrage. Das ist menschenverachtend. Das ist völkerrechtswidrig. Das ist durch nichts und niemanden zu rechtfertigen.

    Wir erleben eine Zeitenwende. Und das bedeutet: Die Welt danach ist nicht mehr dieselbe wie die Welt davor. Im Kern geht es um die Frage, ob Macht das Recht brechen darf, ob wir es Putin gestatten, die Uhren zurückzudrehen in die Zeit der Großmächte des 19. Jahrhunderts, oder ob wir die Kraft aufbringen, Kriegstreibern wie Putin Grenzen zu setzen.

    (Putin) zertrümmert die europäische Sicherheitsordnung, wie sie seit der Schlussakte von Helsinki fast ein halbes Jahrhundert Bestand hatte.

    Präsident Putin redet dabei stets von unteilbarer Sicherheit. Tatsächlich aber will er gerade den Kontinent mit Waffengewalt in altbekannte Einflusssphären teilen. Das hat Folgen für die Sicherheit in Europa. Ja, dauerhaft ist Sicherheit in Europa nicht gegen Russland möglich. Auf absehbare Zeit aber gefährdet Putin diese Sicherheit. Das muss klar ausgesprochen werden.

    Fünf Handlungsaufträge liegen nun vor uns.

    Erstens. Wir müssen die Ukraine in dieser verzweifelten Lage unterstützen.

    Meine Damen und Herren, unser zweiter Handlungsauftrag ist, Putin von seinem Kriegskurs abzubringen. Gemeinsam mit den EU-Staats- und -Regierungschefs haben wir ein Sanktionspaket von bisher unbekanntem Ausmaß verabschiedet.

    Meine Damen und Herren, die dritte große Herausforderung liegt darin, zu verhindern, dass Putins Krieg auf andere Länder in Europa übergreift. Das bedeutet: Ohne Wenn und Aber stehen wir zu unser Beistandspflicht in der NATO.

    … mein viertes Anliegen, meine Damen und Herren. Wir müssen uns fragen: Welche Fähigkeiten besitzt Putins Russland, und welche Fähigkeiten brauchen wir, um dieser Bedrohung zu begegnen, heute und in der Zukunft? Das Ziel ist eine leistungsfähige, hochmoderne, fortschrittliche Bundeswehr, die uns zuverlässig schützt.

    Wir werden dafür ein Sondervermögen Bundeswehr einrichten. Der Bundeshaushalt 2022 wird dieses Sondervermögen einmalig mit 100 Milliarden Euro ausstatten. Die Mittel werden wir für notwendige Investitionen und Rüstungsvorhaben nutzen. Wir werden von nun an Jahr für Jahr mehr als 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in unsere Verteidigung investieren.

    Damit bin ich beim fünften und letzten Punkt. Putins Krieg bedeutet eine Zäsur, auch für unsere Außenpolitik. So viel Diplomatie wie möglich, ohne naiv zu sein, dieser Anspruch bleibt. Auch in dieser extremen Lage ist es die Aufgabe der Diplomatie, Gesprächskanäle offenzuhalten. Alles andere halte ich für unverantwortlich.

    Unsere größte Stärke sind unsere Bündnisse und Allianzen. Ihnen verdanken wir das große Glück, das unser Land seit über 30 Jahren genießt: in einem vereinten Land zu leben, in Wohlstand und Frieden mit unseren Nachbarn.

    1.3.8. Beschlüsse der UNO

    Sicherheitsrat – Vereinte Nationen – S/2022/155 – 25. Februar 2022

    Albanien, Andorra, Antigua und Barbuda, Australien, Bahamas, Barbados, Belgien, Belize, Bosnien und Herzegowina, Botsuana, Bulgarien, Chile, Costa Rica, Dänemark, Deutschland, Dominikanische Republik, Ecuador, Estland, Fidschi, Finnland, Frankreich, Gambia, Georgien, Grenada, Griechenland, Guatemala, Haiti, Irland, Island, Italien, Jamaika, Japan, Kanada, Kiribati, Kolumbien, Kroatien, Kuwait, Lesotho, Lettland, Liberia, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, Marshallinseln, Mikronesien (Föderierte Staaten von), Monaco, Montenegro, Neuseeland, Niederlande, Niger, Nordmazedonien, Norwegen, Österreich, Palau, Panama, Papua- Neuguinea, Paraguay, Peru, Polen, Portugal, Republik Korea, Republik Moldau, Rumänien, Samoa, San Marino, Schweden, Schweiz, Singapur, Slowakei, Slowenien, Spanien, Suriname, Timor-Leste, Trinidad und Tobago, Tschechien, Türkei, Ukraine, Ungarn, Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, Vereinigte Staaten von Amerika und Zypern:

    Der Sicherheitsrat,

    unter Hinweis darauf, dass alle Staaten nach Artikel 2 der Charta der Vereinten Nationen verpflichtet sind, in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder anderweitig mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt zu unterlassen und ihre internationalen Streitigkeiten durch friedliche Mittel beizulegen, …

    unter Hinweis auf seine Resolution 2202 (2015), in der die Parteien aufgefordert werden, das „Maßnahmenpaket für die Umsetzung der Minsker Vereinbarungen“, einschließlich der darin vorgesehenen umfassenden Waffenruhe, vollständig umzusetzen, sowie betonend, wie wichtig die vollständige Durchführung des Minsker Protokolls vom 5. September 2014 und des Minsker Memorandums vom 19. September 2014 ist,

    sich der Forderung des Generalsekretärs an die Russische Föderation nach Einstellung ihrer Offensive gegen die Ukraine anschließend,

    verurteilend, dass die Russische Föderation am 23. Februar 2022 eine „besondere Militäroperation“ in der Ukraine verkündet hat, mit dem Ausdruck seiner großen Besorgnis über Meldungen, wonach es Opfer unter der Zivilbevölkerung gibt,

    1. missbilligt auf das Entschiedenste die gegen die Ukraine gerichtete Aggression der Russischen Föderation unter Verstoß gegen Artikel 2 Absatz 4 der Charta der Vereinten Nationen;
    2. beschließt, dass die Russische Föderation die Anwendung von Gewalt gegen die Ukraine sofort einzustellen und jede weitere rechtswidrige Androhung oder Anwendung von Gewalt gegen einen Mitgliedstaat der Vereinten Nationen zu unterlassen hat;
    3. beschließt, dass die Russische Föderation ihre gesamten Streitkräfte sofort vollständig und bedingungslos aus dem Hoheitsgebiet der Ukraine innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen abzuziehen hat;
    4. fordert die Parteien auf, sich an die Minsker Vereinbarungen zu halten und in den relevanten internationalen Rahmen, einschließlich des Normandie-Formats und der Trilateralen Kontaktgruppe, konstruktiv auf ihre vollständige Durchführung hinzuwirken;
    5. fordert alle Parteien auf, den raschen, sicheren und ungehinderten Zugang humanitärer Hilfe zu den hilfebedürftigen Menschen in der Ukraine zu gestatten und zu erleichtern und die Zivilbevölkerung, darunter auch das humanitäre Personal und die Menschen in prekären Situationen, einschließlich Kindern, zu schützen; …

    Resolution der Generalversammlung, verabschiedet am 2. März 2022

    Aggression gegen die Ukraine – Die Generalversammlung,

    unter Hinweis darauf, dass alle Staaten nach Artikel 2 der Charta verpflichtet sind, in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder anderweitig mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt zu unterlassen und ihre internationalen Streitigkeiten durch friedliche Mittel beizulegen, …

    sowie unter Hinweis auf ihre Resolution 2625 (XXV) vom 24. Oktober 1970, … in Bekräftigung der darin enthaltenen Grundsätze, dass das Hoheitsgebiet eines Staates nicht zum Gegenstand der Aneignung durch einen anderen Staat als Ergebnis der Androhung oder Anwendung von Gewalt gemacht werden darf und dass jeder Versuch, die nationale Einheit und territoriale Unversehrtheit eines Staates oder Landes teilweise oder gänzlich zu zerstören oder seine politische Unabhängigkeit zu beeinträchtigen, mit den Zielen und Grundsätzen der Charta unvereinbar ist,

    ferner unter Hinweis auf ihre Resolution 3314 (XXIX) vom 14. Dezember 1974, nach der „Aggression“ die gegen die Souveränität, die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit der Charta unvereinbare Anwendung von Waffengewalt durch einen anderen Staat ist, …

    verurteilend, dass die Russische Föderation am 24. Februar 2022 eine „militärische Sonderoperation“ in der Ukraine angekündigt hat,

    erneut erklärend, dass ein sich aus der Androhung oder Anwendung von Gewalt ergebender Gebietserwerb nicht als rechtmäßig anerkannt werden darf,

    mit dem Ausdruck ihrer ernsten Besorgnis angesichts von Berichten über Angriffe auf zivile Einrichtungen wie Wohnhäuser, Schulen und Krankenhäuser und über Opfer unter der Zivilbevölkerung, darunter Frauen, ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen und Kinder,

    feststellend, dass die militärischen Operationen der Russischen Föderation innerhalb des Hoheitsgebiets der Ukraine ein Ausmaß haben, das die internationale Gemeinschaft in Europa seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen hat, und dass dringend gehandelt werden muss, um diese Generation vor der Geißel des Krieges zu bewahren, …

    sowie mit dem Ausdruck ihrer Besorgnis darüber, dass der Konflikt angesichts dessen, dass die Ukraine und die Region zu den weltweit wichtigsten Getreide- und Agrarexportgebieten gehören, und zu einem Zeitpunkt, zu dem Millionen Menschen in mehreren Weltregionen von Hungersnot betroffen oder unmittelbar bedroht sind oder unter schwerer Ernährungsunsicherheit leiden, sich nachteilig auf die weltweite Ernährungssicherheit sowie auf die Energiesicherheit auswirken könnte, …

    und unter Befürwortung eines anhaltenden Dialogs,

    1. bekräftigt ihr Bekenntnis zur Souveränität, Unabhängigkeit, Einheit und territorialen Unversehrtheit der Ukraine innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen, einschließlich ihrer Hoheitsgewässer;
    2. missbilligt auf das Schärfste die Aggression der Russischen Föderation gegen die Ukraine unter Verstoß gegen Artikel 2 Absatz 4 der Charta;
    3. verlangt, dass die Russische Föderation ihre Gewaltanwendung gegen die Ukraine sofort einstellt und jede weitere rechtswidrige Androhung oder Anwendung von Gewalt gegen jedweden Mitgliedstaat unterlässt;
    4. verlangt außerdem, dass die Russische Föderation alle ihre Streitkräfte unverzüglich, vollständig und bedingungslos aus dem Hoheitsgebiet der Ukraine innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen abzieht; …
    5. fordert die Parteien auf, sich an die Minsker Vereinbarungen zu halten und in den einschlägigen internationalen Rahmen, einschließlich des Normandie-Formats und der Trilateralen Kontaktgruppe, konstruktiv auf deren vollständige Durchführung hinzuwirken; …
    6. fordert nachdrücklich die sofortige friedliche Beilegung des Konflikts zwischen der Russischen Föderation und der Ukraine durch politischen Dialog, Verhandlungen, Ver- mittlung und andere friedliche Mittel;

    1.3.9. Ansprache des Präsidenten der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, im Deutschen Bundestag

    Als wir um präventive Sanktionen baten, wandten wir uns an Europa, wandten wir uns an viele Staaten, wandten wir uns an Sie. Sanktionen, die so ausgestaltet sind, dass der Aggressor spürt, dass Sie eine Kraft darstellen. Und wir sahen ein Hinauszögern. Wir verspürten einen Widerstand. Wir haben verstanden, dass Sie die „Wirtschaft, Wirtschaft, Wirtschaft“ fortführen wollen.

    Und ich danke den Politikern, die sich dennoch bemühen. Die sich zwischen russischem Geld und dem Tod ukrainischer Kinder für das Leben entscheiden. Die eine Verschärfung der Sanktionen gegen Russland unterstützen.

    Die wissen, dass ein Handelsembargo gegen Russland nötig ist. Gegen die Einfuhr von dort von allem, was diesen Krieg finanziert. Es ist schwer für uns, ohne die Hilfe der Welt zu bestehen. Ohne Ihre Hilfe. Es ist schwer, die Ukraine zu verteidigen, Europa zu verteidigen. Ohne das, was Sie tun können. Was Sie tun können, um nicht auch nach diesem Krieg beschämt zurückzublicken …

    Herr Bundeskanzler Scholz! Reißen Sie diese Mauer nieder!

    Geben Sie Deutschland die Führung, die es verdient, und auf die Ihre Nachfahren nur stolz sein können.

    Slawa Ukrajini! [Es lebe die Ukraine!]

    1.3.10. Friedensplan der italienischen Regierung

    Der erste Schritt ist ein Waffenstillstand, der im Kampf ausgehandelt werden muss. Es ist ein grundlegendes Element, weil es unrealistisch ist, sich vorzustellen, dass ein Waffenstillstand von selbst zustande kommt oder die Voraussetzung für Verhandlungen ist.

    Der nächste Schritt – der zweite – dreht sich um multilaterale Verhandlungen über den künftigen internationalen Status der Ukraine. Und insbesondere über die eventuelle Bedingung der Neutralität in Kiew, die durch eine internationale politische „Garantie“ gewährleistet wird.

    Der dritte Punkt, der aus diplomatischer Sicht „heißeste“ ist, betrifft die Definition des bilateralen Abkommens zwischen Russland und der Ukraine über territoriale Fragen, wiederum nach internationaler Vermittlung.

    Endlich die vierte Stufe. Im Kontext der OSZE und der Nachbarschaftspolitik der Europäischen Union wird ein neues multilaterales Abkommen über Frieden und Sicherheit in Europa vorgeschlagen.

    2. Unterrichtsmaterialien - Quellen und zusäztliche Texte

    2.1. Klassische Texte

    2.1.1. Martin Luther: „Ob Kriegsleute auch in seligem Stande sein können“

    Obwohl es nun nicht so scheint, daß Würgen und Rauben ein Werk der Liebe ist, weshalb ein Einfältiger denkt, es sei nicht ein christliches Werk und zieme auch einem Christen nicht zu tun, so ist es doch in Wahrheit auch ein Werk der Liebe. Denn es ist wie bei einem guten Arzt: Wenn die Krankheit so böse und schwer ist, daß er Hände, Füße, Ohren oder Augen muß abhauen lassen oder verderben, auf daß er den Leib rette – wenn man das Glied ansieht, das er abhaut, scheint es, er sei ein greulicher, unbarmherziger Mensch; wenn man aber den Leib ansieht, den er dadurch retten will, so findet sich’s in Wahrheit, daß er ein trefflicher, treuer Mensch ist und ein gutes christliches Werk – soweit es an ihm selbst liegt – tut. Ebenso ist es auch, wenn ich das Kriegsamt betrachte, wie es die Bösen straft, die Ungerechten würgt und solchen Jammer anrichtet: Da scheint es ein ganz unchristliches Werk zu sein und durchaus wider die christliche Liebe. Betrachte ich es aber, wie es die Rechtschaffenen schützt, Weib und Kind, Haus und Hof, Gut und Ehre, und dadurch den Frieden erhält und bewahrt, so findet sich’s, wie köstlich und göttlich das Werk ist, und ich erkenne, daß es auch ein Bein oder eine Hand abhaut, auf daß der ganze Leib nicht vergehe. Denn wenn das Schwert nicht wehrte und den Frieden erhielte, so müßte alles durch Unfrieden verderben, was in der Welt ist. Deshalb ist ein solcher Krieg nichts anderes als ein kleiner, kurzer Unfrieden, der einem ewigen, unermeßlichen Unfrieden wehrt; ein kleines Unglück, das einem großen Unglück wehrt.

    Daß man nun viel schreibt und sagt, was für eine große Plage ein Krieg sei, das ist alles wahr. Aber man sollte daneben auch betrachten, wievielmal größer die Plage ist, der man durch Kriegführen wehrt. Ja, wenn die Leute rechtschaffen wären und gern Frieden hielten, so wäre Kriegführen die größte Plage auf Erden. Wohin rechnest du aber ein, daß die Welt böse ist, die Leute nicht Frieden halten wollen, rauben, stehlen, töten, Weib und Kind schänden, Ehre und Gut nehmen? Solchem allgemeinen Unfrieden in aller Welt, vor dem kein Mensch bestehen könnte, muß der kleine Unfrieden, der da Krieg und Schwert heißt, steuern. Darum ehrt Gott auch das Schwert so hoch, daß er’s seine eigene Ordnung nennt, und will nicht, daß man sagen oder wähnen sollte, Menschen hätten es erfunden oder eingesetzt. Denn die Hand, die solch ein Schwert fuhrt und würgt, ist alsdann auch nicht mehr eines Menschen Hand, sondern Gottes Hand, und nicht der Mensch, sondern Gott henkt, rädert, enthauptet, würgt und führt Krieg. Es sind alles seine Werke und seine Gerichte.

    2.1.2. Immanuel Kant: Zum ewigen Frieden

    Die Idee des Völkerrechts setzt die Absonderung vieler von einander unabhängiger benachbarter Staaten voraus, und ein solcher Zustand ist an sich schon ein Zustand des Krieges, aber eine föderative Vereinigung derselben beugt dem Ausbruch der Feindseligkeiten vor.

    Es ist der Handelsgeist, der mit dem Kriege nicht zusammen bestehen kann, und der früher oder später sich jedes Volks bemächtigt. Weil nämlich unter allen Mächten die Geldmacht wohl die zuverlässigste ist, so sehen sich Staaten, freilich nicht aus moralischen Gründen, gezwungen, den edlen Frieden zu befördern, und, wo auch immer in der Welt Krieg auszubrechen droht, ihn durch Vermittelungen abzuwehren, gleich als ob sie deshalb im beständigen Bündnisse ständen.– – Auf die Art garantiert die Natur, durch den Mechanism in den menschlichen Neigungen selbst, den ewigen Frieden; freilich nicht mit hinreichender Sicherheit, so dass sie es zur Pflicht macht, auf diesem (nicht bloß schimärischen) Zustand hinzuarbeiten.

    Voraussetzungen zum ewigen Frieden:

    Die bürgerliche Verfassung in jedem Staat soll republikanisch sein.

    Diese Verfassung geht aus der Idee eines ursprünglichen Vertrags zwischen allen Staatsbürgern hervor, auf der alle Gesetzgebung eines Volks gegründet sein muss.

    Sie enthält die Aussicht auf den ewigen Frieden; wovon der Grund dieser ist: Wenn die Zustimmung der Staatsbürger dazu erfordert wird, um zu beschließen, ob Krieg sein solle oder nicht, so müssen sie alle Drangsale des Krieges über sich selbst beschließen (nämlich: selbst zu kämpfen, die Kosten des Krieges selbst zu bezahlen, die Zerstörungen wieder aufzubauen; die später den Frieden selbst erschwerende Schuldenlast selbst zu übernehmen). Sie werden sehr bedenken, ein so schlimmes Spiel anzufangen.

    Aber in einer Verfassung, die nicht republikanisch ist, ist der Entschluss zum Krieg die einfachste Sache von der Welt, weil das Oberhaupt nicht Staatsgenosse mit den anderen Staatsbürgern ist, sondern Staatseigentümer.

    Die Regeln des ewigen Friedens:

    Stehende Heere sollen mit der Zeit ganz aufhören.

    Es sollen für den Krieg keine Staatsschulden gemacht werden dürfen.

    Kein Staat soll sich in die Verfassung und Regierung eines andern Staats gewalttätig einmischen.

    Es soll sich kein Staat im Kriege mit einem andern solche Feindseligkeiten erlauben, welche das wechselseitige Zutrauen im künftigen Frieden unmöglich machen müssen: Meuchelmörder, Giftmischer, Anstiftung zum Verrat in dem bekriegten Staat etc.

    2.2. Grundlegende Texte aus der Gegenwart

    2.2.1. Charta von Paris

    FÜR EIN NEUES EUROPA

    Treffen der Staats- und Regierungschefs, der Teilnehmerstaaten der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE): Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Heiliger Stuhl, Irland, Island, Italien - Europäische Gemeinschaft, Jugoslawien, Kanada, Liechtenstein, Luxemburg, Malta, Monaco, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, San Marino, Schweden, Schweiz, Spanien, Tschechische und Slowakische Föderative Republik, Türkei, Ungarn, Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten von Amerika, Zypern

    Paris, 19.- 21. November 1990

    Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit

    Wir verpflichten uns, die Demokratie als die einzige Regierungsform unserer Nationen aufzubauen, zu festigen und zu stärken. In diesem Bestreben werden wir an folgendem festhalten:

    Demokratische Regierung gründet sich auf den Volkswillen, der seinen Ausdruck in regelmäßigen, freien und gerechten Wahlen findet. Demokratie beruht auf Achtung vor der menschlichen Person und Rechtsstaatlichkeit. Demokratie ist der beste Schutz für freie Meinungsäußerung, Toleranz gegenüber allen gesellschaftlichen Gruppen und Chancengleichheit für alle.

    Die Demokratie, ihrem Wesen nach repräsentativ und pluralistisch, erfordert Verantwortlichkeit gegenüber der Wählerschaft, Bindung der staatlichen Gewalt an das Recht sowie eine unparteiische Rechtspflege. Niemand steht über dem Gesetz.

    Freundschaftliche Beziehungen zwischen den Teilnehmerstaaten

    In Übereinstimmung mit unseren Verpflichtungen gemäß der Charta der Vereinten Nationen und der Schlußakte von Helsinki erneuern wir unser feierliches Versprechen, uns jeder gegen die territoriale Integrität oder politische Unabhängigkeit eines Staates gerichteten Androhung oder Anwendung von Gewalt oder jeder sonstigen mit den Grundsätzen oder Zielen dieser Dokumente unvereinbaren Handlung zu enthalten. Wir erinnern daran, daß die Nichterfüllung der in der Charta der Vereinten Nationen enthaltenen Verpflichtungen einen Verstoß gegen das Völkerrecht darstellt.

    Wir bekräftigen unser Bekenntnis zur friedlichen Beilegung von Streitfällen. Wir beschließen, Mechanismen zur Verhütung und Lösung von Konflikten zwischen den Teilnehmerstaaten zu entwickeln.

    Nun, da die Teilung Europas zu Ende geht, werden wir unter uneingeschränkter gegenseitiger Achtung der Entscheidungsfreiheit eine neue Qualität in unseren Sicherheitsbeziehungen anstreben. Sicherheit ist unteilbar, und die Sicherheit jedes Teilnehmerstaates ist untrennbar mit der aller anderen verbunden. Wir verpflichten uns daher, bei der Festigung von Vertrauen und Sicherheit untereinander sowie bei der Förderung der Rüstungskontrolle und Abrüstung zusammenzuarbeiten.

    Menschliche Dimension

    Wir sind entschlossen, den wertvollen Beitrag nationaler Minderheiten zum Leben unserer Gesellschaften zu fördern, und verpflichten uns, deren Lage weiter zu verbessern. Wir bekräftigen unsere tiefe Überzeugung, daß freundschaftliche Beziehungen zwischen unseren Völkern sowie Friede, Gerechtigkeit, Stabilität und Demokratie den Schutz der ethnischen, kulturellen, sprachlichen und religiösen Identität nationaler Minderheiten und die Schaffung von Bedingungen für die Förderung dieser Identität erfordern. Wir erklären, daß Fragen in bezug auf nationale Minderheiten nur unter demokratischen Bedingungen befriedigend gelöst werden können. Ferner erkennen wir an, daß die Rechte von Angehörigen nationaler Minderheiten als Teil der allgemein anerkannten Menschenrechte uneingeschränkt geachtet werden müssen.

    Wir sind entschlossen, alle Formen von Haß zwischen Rassen und Volksgruppen, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung irgendeines Menschen sowie von Verfolgung aus religiösen und ideologischen Gründen zu bekämpfen.

    2.2.2. Gemeinsame Sicherheit 2022 - Olof-Palme-Report 2022

    Einleitung

    Die Welt steht an einem Scheideweg. Sie steht vor der Wahl zwischen einer Existenz auf der Grundlage von Wettbewerb und Aggression oder einer Existenz, die auf einer transformativen Friedensagenda und gemeinsamer Sicherheit beruht. Im Jahr 2022 ist die Menschheit mit den existenziellen Bedrohungen eines Atomkriegs, des Klimawandels und von Pandemien konfrontiert. Hinzu kommt eine giftige Mischung aus Ungleichheit, Extremismus, Nationalismus, geschlechtsspezifischer Gewalt und schrumpfendem demokratischen Raum. Wie die Menschheit auf diese Bedrohungen reagiert, wird über unser Überleben entscheiden.

    Das globale Sicherheitssystem steht auf der Kippe. Im Bericht des UN-Generalsekretärs Unsere gemeinsame Agenda heißt es: "Die Menschheit steht vor einer dringenden Entscheidung: Zusammenbruch oder Durchbruch".

    Dieser drohende Zusammenbruch sollte ein Weckruf für die Welt sein.

    Seit der Palme-Kommission hat es mehrere Kriege und militärische Angriffe gegeben, die eine eklatante Missachtung des Völkerrechts darstellen, wie etwa im Irak, im Jemen und zuletzt in der Ukraine. Die russische Invasion in der Ukraine im Februar 2022, während dieser Bericht fertiggestellt wurde, stellt einen katastrophalen Zusammenbruch der gemeinsamen Sicherheit dar. Sie hat zu einem entsetzlichen Verlust an Menschenleben, Millionen von Flüchtlingen und Vertriebenen und zu globalen wirtschaftlichen Erschütterungen geführt. Es ist eine schreckliche Erinnerung an die Zerbrechlichkeit des Friedens.

    Dieser Zusammenbruch der Sicherheit unterstreicht, wie wichtig die internationale Zusammenarbeit und die Achtung des Völkerrechts sind. Das derzeitige Regime muss überarbeitet werden, um Kriege zu verhindern und die gemeinsamen Sicherheitsinteressen aller Staaten zu wahren. Die Militarisierung der Welt schreitet voran, die Militärausgaben steigen rapide an, begleitet von nuklearen Bedrohungen. Nukleare und militärische Abschreckungsstrategien haben jedoch kategorisch versagt, um Frieden und Stabilität zu erreichen. Es ist Zeit für eine Erneuerung des globalen Sicherheitssystems auf der Grundlage gemeinsamer Sicherheitsprinzipien. Wir brauchen jetzt mehr denn je ein starkes und effizientes multilaterales System für Frieden und Sicherheit.

    Um das Ruder herumzureißen, müssen wir:

    • Die UN-Charta auf der Grundlage der Rechte und Pflichten von "uns, den Völkern" bekräftigen. Internationale Zusammenarbeit und die Achtung des Völkerrechts müssen für alle Staaten von grundlegender Bedeutung sein.
    • Den Aufruf des UN-Generalsekretärs zu einem weltweiten Waffenstillstand als Ausgangspunkt für Friedensprozesse in verschiedenen Regionen der Welt wiederbeleben und umsetzen.
    • Die Achtung des humanitären Völkerrechts muss angesichts des zunehmenden Schadens, der der Zivilbevölkerung in den jüngsten Konflikten zugefügt wird, dringend gestärkt werden.
    • Erkennen, dass Frieden und Sicherheit in der Welt gemeinsam geschaffen werden - wenn das Gegenüber nicht sicher ist, werden auch man selbst nicht sicher sein. Das in der UN-Charta verankerte Verbot der Gewaltanwendung und die Unverletzlichkeit der Grenzen müssen geachtet werden. Anerkennen, dass die Gefahren eines Atomkriegs und der Klimawandel existenzielle Bedrohungen für die Menschheit darstellen.
    • Stärkung des Vertrauens zwischen Staaten und Völkern, damit Länder mit unterschiedlichen Systemen, Kulturen, Religionen und Ideologien gemeinsam an globalen Herausforderungen arbeiten können.
    • Aufbau einer Weltordnung, die sich an den Bedürfnissen der Menschen orientiert. Es gibt keine Entwicklung ohne Frieden und keinen Frieden ohne Entwicklung. Und beides ist ohne die Achtung der Menschenrechte nicht möglich.
    • Gewährleistung einer integrativen Regierungsführung auf allen Ebenen der Gesellschaft, um die demokratischen Grundsätze und die Einbeziehung von Frauen, jungen Menschen und Minderheiten zu gewährleisten.

    Gemeinsame Sicherheit 2022: Die Grundsätze

    1. Alle Menschen haben das Recht auf menschliche Sicherheit: Freiheit von Furcht und Freiheit von Not
    2. Der Aufbau von Vertrauen zwischen Nationen und Völkern ist eine Grundvoraussetzung für eine friedliche und nachhaltige menschliche Existenz
    3. Es kann keine gemeinsame Sicherheit geben ohne nukleare Abrüstung, strenge Beschränkungen für konventionelle Waffen und reduzierte Militärausgaben
    4. Globale und regionale Zusammenarbeit, Multilateralismus und Rechtsstaatlichkeit sind entscheidend für die Bewältigung vieler Herausforderungen in der Welt
    5. Dialog, Konfliktverhütung und vertrauensbildende Maßnahmen müssen an die Stelle von Aggression und militärischer Gewalt als Mittel zur Beilegung von Streitigkeiten treten
    6. Bessere Rechtsetzung, internationales Recht und verantwortungsvolle Regierungsführung müssen auch auf neue Militärtechnologien ausgedehnt werden, wie z.B. im Bereich des cyber space, des Weltraums und der "künstlichen Intelligenz".

    Ein Aufruf zum Handeln

    Die Abkehr von der Idee der nuklearen Abschreckung als Grundlage der internationalen Sicherheit ist dringender denn je. Die nuklearen Drohungen der Staaten offenbaren die fadenscheinige Grundlage, auf der die nukleare Abschreckung angeblich funktioniert. Die Menschheit wird einen Atomkrieg nicht überleben, und wir können uns auch nicht auf einen Atomkrieg vorbereiten oder seine Folgen abmildern. Es muss also ein alternativer Weg gefunden werden. Es muss ein positives und kooperatives Sicherheitskonzept entwickelt werden, das den Menschen und Regierungen ein Gefühl der Sicherheit vermittelt. Gemeinsame Sicherheit ist die Alternative zu nuklearem Wettbewerb und der Bedrohung durch Massenvernichtung.

    Die COVID-19-Pandemie hat gezeigt, dass eine globale Krise ohne internationale Zusammenarbeit nur sehr schwer zu bewältigen ist. Inkrementelle Veränderungen reichen nicht aus, um die Menschheit zu retten. Die Maßnahmen auf Regierungsebene müssen durch Maßnahmen auf der Ebene der lokalen Gemeinschaften ergänzt werden. Es muss ein neuer Gesellschaftsvertrag geschlossen werden, und ein neuer Friedensdialog sollte an die Stelle des Narratives von Militarisierung und Wettbewerb treten. Dieser Ansatz sollte Rechenschaftspflicht, Überprüfung und Transparenz in den Mittelpunkt stellen. Gemeinsame Sicherheit erfordert nicht nur Maßnahmen der Regierungen, sondern auch der nationalen Parlamente und der Zivilgesellschaft - einschließlich der NRO, der Bewegungen für soziale Gerechtigkeit und Frieden, der Glaubensgemeinschaften, der Frauen- und Jugendbewegungen und der Gewerkschaften. Darüber hinaus hat der Unternehmenssektor die Verantwortung, die Menschenrechte zu respektieren und zur menschlichen Sicherheit beizutragen, wie es in den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte festgelegt ist.

    Es besteht ein dringender Bedarf an Institutionen und Gesetzen, die die Bürgerinnen und Bürger und nicht nur die Politiker und Entscheidungsträger in grenzüberschreitende Diskussionen, einen gerechteren Handel, Lösungen für das Problem des Klimawandels, die Verringerung der Ungleichheit sowie die Friedens- und Vertrauensbildung einbeziehen und beteiligen. Die Zivilgesellschaft muss als Wachhund, als motivierende Kraft und als Gegengewicht zu politischem Gehabe fungieren - mit Unterstützung der in bestehenden und neuen Verträgen enthaltenen Überprüfungs- und vertrauensbildenden Maßnahmen. Darüber hinaus müssen Nichtregierungsorganisationen eine aktive Rolle bei der Lobbyarbeit und Bewusstseinsbildung spielen - nicht nur in Bezug auf die gemeinsame Sicherheit, sondern auch in Bezug auf Militarisierung, gerechte Konversion und darüber hinaus. Der Dialog auf diplomatischer Ebene sollte auch die organisierte Zivilgesellschaft einbeziehen - sowohl neben dem Regierungsdialog als auch unabhängig davon.

    Die Kriegsgefahr und ihre Folgen sind im Laufe der Jahre nicht geringer geworden. Aber politischer Wille, die Macht der Menschen und eine kollektive Haltung können zu einem Wandel führen. Es ist noch Zeit, innovativ und ehrgeizig zu sein, wenn es darum geht, die Sicherheit neu zu gestalten und unsere Welt neu zu entwerfen.

    2.3. Deutende Texte – Stellungnahmen

    Jeder Tag bringt neue Meldungen, neue Informationen, neue Meinungen. Unterricht sollte versuchen, grundlegende Positionen sowohl der Kriegsparteien als auch der Auseinandersetzung mit dem Krieg bekannt zu machen. Sie finden sich in Texten von Politikern und Institutionen, aber auch in publizistischen Texten. Besonders interessant sind dabei Texte von jenen, die als „Politikwissenschaftler“49 schreiben.

    Aber man sollte sich dennoch ein paar Texte anschauen, die eine etwas längere Haltbarkeit haben könnten. Eigentlich müssten diese Texte hier vollständig abgedruckt werden. Die Leser könnten von einer Bezahlschranke abgehalten werden, aber eine komplette Wiedergabe wird vom Urheberrecht verhindert. So bleibt nur der Versuch, Texte vorzustellen, die der Lehrer für den Unterricht selbst im Internet finde n, gewinnen und für den Unterricht aufbereiten muss50.

    2.3.1. John J. Mearsheimer: Why the Ukraine Crisis Is the West’s Fault

    In der politikwissenschaftlichen und publizistischen Debatte setzte der Text des „Realisten“ John J. Mearsheimer einen Markstein51. UM diesen Text kommt man nicht herum, egal, wie man zur Sache steht.

    Im Westen gilt es als gesicherte Erkenntnis, dass an der Ukraine-Krise maßgeblich die aggressive Haltung der Russen schuld ist. Der russische Präsident Wladimir Putin, so die gängige Argumentation, hat die Krim annektiert, weil er schon lange eine Wiederbelebung des Sowjetreichs im Sinn hatte, und wird womöglich auch den Rest der Ukraine und andere Länder Osteuropas ins Visier nehmen. Die Absetzung des ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch im Februar 2014 habe Putin lediglich den Vorwand dafür geliefert, russische Streitkräfte auf die Krim zu entsenden.

    Doch diese Darstellung ist falsch: Die Hauptschuld an der Krise tragen die USA und ihre europäischen Verbündeten. An der Wurzel des Konflikts liegt die NATO-Osterweiterung, Kernpunkt einer umfassenden Strategie, die Ukraine aus der russischen Einflusssphäre zu holen und in den Westen einzubinden. Dazu kamen die EU-Osterweiterung und die Unterstützung der Demokratiebewegung in der Ukraine durch den Westen, beginnend mit der Orangenen Revolution 2004. Seit Mitte der 1990er Jahre lehnen russische Staatschefs eine NATO-Osterweiterung entschieden ab, und in den vergangenen Jahren haben sie unmissverständlich klargemacht, dass sie einer Umwandlung ihres strategisch wichtigen Nachbarn in eine Bastion des Westens nicht untätig zusehen würden. Das Fass zum Überlaufen brachte der unrechtmäßige Sturz des demokratisch gewählten pro-russischen Präsidenten der Ukraine; Putin sprach zu Recht von einem »Staatsstreich«. Als Reaktion darauf annektierte er die Halbinsel Krim, auf der, wie er befürchtete, die Einrichtung einer NATO-Marinebasis geplant war, und betrieb die Destabilisierung der Ukraine, um sie von einer Annäherung an den Westen abzubringen.

    Putins Gegenwehr kam eigentlich alles andere als überraschend. Immerhin war der Westen, wie Putin nicht müde wurde zu betonen, in den Hinterhof Russlands vorgedrungen und hatte dessen strategische Kerninteressen bedroht. Die politischen Eliten der USA und Europas trafen die Ereignisse nur deshalb unvorbereitet, weil sie der Logik des Realismus im 21. Jahrhundert kaum noch Bedeutung zumessen und davon ausgehen, dass sich die Einheit und Freiheit Europas mittels liberaler Prinzipien wie Rechtsstaatlichkeit, ökonomischer Interdependenz und Demokratie gewährleisten lassen.

    Doch dieses Konzept ging in der Ukraine nicht auf. Die dortige Krise belegt, dass die Realpolitik durchaus noch relevant ist – und Staaten, die dies übersehen, es auf eigene Gefahr tun. Der Versuch US-amerikanischer und europäischer Politiker, die Ukraine in einen Stützpunkt des Westens direkt an der russischen Grenze zu verwandeln, ist gründlich misslungen. Nun, da die Konsequenzen unübersehbar sind, wäre es ein noch größerer Fehler, diese verhunzte Politik fortzusetzen.

    2.3.2. Fiona Hill: „Es geht um die Zusammenführung der einstigen Teile des Russischen Reiches“

    Ganz anders sieht die US-amerikanische Russland-Expertin Fiona Hill den Ursprung von Krise und Krieg52:

    Bereits der erste Angriff auf die Ukraine 2014 war von der Wiederherstellung der Russkiy Mir, der „russischen Welt“, inspiriert. Ist das mittlerweile Putins übergeordnetes Ziel?

    Nun, Belarus ist ja bereits absorbiert worden. Und die Ukraine gehört auch dazu. Nicht umsonst spricht man oft von Malorossija, also „Kleinrussland“. Der Begriff Russkiy Mir beschreibt den Raum der größten Ausdehnung alles Russischen, sowohl im Sinne der russischen Sprache als auch mit Blick auf die Einflusssphäre der russisch-orthodoxen Kirche.

    Aus Putins Sicht geht es um die Zusammenführung der Länder, die einst Teil des Russischen Reichs waren – und um Einfluss und Dominanz über andere. Putin flirtet immer wieder mit Ideologien und Geschichten, die nützlich sind, um die Existenz des Russischen Reichs zu rechtfertigen. Die Sowjetunion ist für ihn nur eine andere Version dieses Reichs.

    Den Zusammenbruch der Sowjetunion hat Putin bekanntlich als „die größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts“ bezeichnet … Dabei hatte er auch den „Verlust“ einiger Länder und Völker des Russischen Reichs im Sinn. Und in seiner Rede zur Rechtfertigung des Kriegs gegen die Ukraine kritisierte er Lenin und die Bolschewiki dafür, dass sie eine separate Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik als Teil der UdSSR geschaffen hatten. Folgt man Putins Beschwörung der früheren Geschichte, dann sieht er Belarus, den größten Teil der Ukraine, Transnistrien, Bessarabien, Moldau und wahrscheinlich auch die nördlichen Teile Kasachstans als Teil der russischen Welt. In der Region ist man sich der möglichen Folgen dieser Haltung durchaus bewusst: In Zentralasien haben sich Usbekistan, Kirgistan, Tadschikistan und Turkmenistan deshalb zuletzt ausgesprochen ruhig verhalten und diplomatisch zwischen Russland und China laviert. Ich denke, Putin hat allen Staatsoberhäuptern in der Region sehr deutlich gemacht, dass es großen Ärger geben wird, wenn sie sich zu sehr in Richtung USA, Westen, Europa und Nato bewegen. Und er hat die potenziellen Konsequenzen bereits demons triert: Der Einmarsch in Georgien im Jahr 2008 war ein großes rotes Warnschild für alle anderen Staaten in der Region.

    Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte 2014, Putin lebe „in einer anderen Welt“. Hatte sie recht?

    Sie hatte völlig recht. In den Vereinigten Staaten wurde das Zitat zunächst missverstanden, im Sinne von „Putin ist irrational“ oder „Putin ist verrückt“. Was sie damit auf Deutsch offenbar sagen wollte, war, dass Putin in einem völlig anderen Bezugsrahmen lebt. Mittlerweile ist klar, dass Putin sich als die Verkörperung des russischen Staats sieht. Es ist diese Besessenheit, seine Version der Geschichte, die uns an den Punkt geführt haben, an dem wir heute stehen.

    Auch hier geht es also nicht nur um die Nato. Es geht um Putins Auffassung davon, welcher Platz Russland in Europa zusteht. Er hat oft gesagt, dass er eine Anerkennung der Tatsache erwarte, dass Russland „ein außergewöhnlicher Staat“ sei.

    Deshalb hat er sich auch oft gegen das amerikanische Gefühl des Exzeptionalismus gewehrt und gesagt: Außergewöhnlich sind wir auch. Wir haben unseren rechtmäßigen Platz in Europa und der Welt, und deshalb wollten wir von der Nato nicht nur eine beratende Rolle, sondern ein Vetorecht. Die Forderungen, die Putin im Dezember 2021 aufgestellt hat, sind in dieser Hinsicht sehr eindeutig: Der Präsident will Russlands Vorherrschaft im ehemaligen Sowjetblock, einschließlich der baltischen Staaten, Polens, Ungarns, der Slowakei, der Tschechischen Republik und des Balkans festigen.

    Ich selbst war einmal in diesem riesigen weißen Raum, in dem sich Putin zuletzt an seinem außergewöhnlich langen Tisch mit Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzler Olaf Scholz getroffen hat. Als ich dort war, sah ich vier Statuen, die der Präsident offenkundig selbst ausgesucht hatte. Es waren Peter der Große, Katharina die Große, Alexander I. und Nikolaus I. Das erzählt uns doch bereits die ganze Geschichte: Putin sieht sich als Wladimir der Große, und er wird möglicherweise bis 2036 a n der Macht bleiben, was ihn noch vor Stalin zum dienstältesten Staatschef in der modernen russischen und sowjetischen Geschichte machen würde.

    Was sagt uns das über die etwaigen Grenzen seiner Ambitionen?

    Nichts Gutes. Wir sehen daran, dass Putins Ziele eher maximalistisch sind. Er macht Druck, und wenn er auf Schwäche stößt, wird er weiter Druck machen.

    Die geradezu unfreiwillige Dominanz der USA habe Russland in eine - allerdings selbstgewählte - verzweifelte Lage gebracht, die zum Angriff Russlands gegen die Ukraine führte.

    2.3.3. Robert Kagan: The Price of Hegemony

    Der einflussreiche US-amerikanische Politikwissenschaftler Robert Kagan53 schreibt gegen den Vorwurf, die USA würden sich überall einmischen54:

    Die Vereinigten Staaten waren bereits während des Kalten Krieges die einzige echte globale Supermacht mit ihrem beispiellosen Reichtum und ihrer Macht und ihren umfangreichen internationalen Allianzen. Der Zusammenbruch der Sowjetunion verstärkte die globale Hegemonie der USA nur - und nicht, weil Washington eifrig eintrat, um das Vakuum zu füllen, das Moskaus Schwäche hinterlassen hat. Stattdessen erweiterte der Zusammenbruch den Einfluss der USA, weil die Kombination aus Macht und demokratischen Überzeugungen der Vereinigten Staaten das Land für diejenigen attraktiv machte, die Sicherheit, Wohlstand, Freiheit und Autonomie anstreben. Die Vereinigten Staaten sind daher ein auferlegendes Hindernis für ein Russland, das versucht, seinen verlorenen Einfluss zurückzugewinnen.

    Was in den letzten drei Jahrzehnten in Osteuropa passiert ist, ist ein Beweis für diese Realität. Washington strebte nicht aktiv danach, die dominierende Macht der Region zu sein. Aber in den Jahren nach dem Kalten Krieg wandten sich die neu befreiten Länder Osteuropas, einschließlich der Ukraine, an die Vereinigten Staaten und ihre europäischen Verbündeten, weil sie glaubten, dass der Beitritt zur transatlantischen Gemeinschaft der Schlüssel zu Unabhängigkeit, Demokratie und Wohlstand sei. …

    In den 1990er Jahren gab es sicherlich Russen - zum Beispiel Jelzins Außenminister Andrej Kozyrev -, die dachten, dass Russland eine ähnliche Entscheidung treffen sollte. Sie wollten Russland auch auf Kosten traditioneller geopolitischer Ambitionen in den liberalen Westen integrieren. Aber das war nicht die Ansicht, die letztendlich in Russland vorherrschte. … Seine Eliten dachten, dass die wahrscheinlichste Folge der Integration die Herabstufung Russlands zu bestenfalls zu einer zweitrangigen Macht sein würde. Russland wäre in Frieden, und es hätte immer noch eine Chance zu gedeihen. Aber es würde nicht das Schicksal Europas und der Welt bestimmen.

    2.3.4. Sergei Karaganow: Russlands neue Außenpolitik, die Putin-Doktrin

    Ganz anders, aber vielleicht nur spiegelverkehrt, argumentiert der russische Politologe Sergei Karaganow55. Auch ihm werden enge Beziehungen zur Staatsspitze nachgesagt.

    Derzeit befindet sich der Westen auf einem langsamen, aber unausweichlichen Zerfallskurs, sowohl innen- als auch außenpolitisch und sogar wirtschaftlich. Und genau aus diesem Grund hat er nach fast fünfhundert Jahren weltpolitischer, wirtschaftlicher und kultureller Vorherrschaft diesen neuen Kalten Krieg begonnen. Vor allem nach seinem entscheidenden Sieg in den 1990ern bis Mitte der 2000er-Jahre. Ich glaube, dass der Westen höchstwahrscheinlich verlieren wird, indem er als globaler Führer zurücktritt und ein vernünftigerer Partner wird. Und das keinen Moment zu früh: Russland wird seine Beziehungen zu einem freundlichen, aber zunehmend mächtigeren China ausbalancieren müssen.

    Der Westen versucht derzeit verzweifelt, sich mit aggressiver Rhetorik dagegen zu wehren. Er versucht, sich zu konsolidieren und seine letzten Trümpfe auszuspielen, um diesen Trend umzukehren. Einer dieser Trümpfe ist der Versuch, die Ukraine zu nutzen, um Russland zu schaden und zu schwächen. Es ist wichtig zu verhindern, dass sich diese krampfhaften Versuche in ein vollwertiges Patt verwandeln, und der derzeitigen Politik der USA und der NATO entgegenzuwirken. Sie sind kontraproduktiv und gefährlich, auch wenn sie für die Initiatoren relativ unproblematisch sind. Wir müssen den Westen erst noch davon überzeugen, dass er sich damit nur selbst schadet.

    Ein weiterer Trumpf ist die dominierende Rolle des Westens im bestehenden euro-atlantischen Sicherheitssystem, das zu einer Zeit geschaffen wurde, als Russland nach dem Kalten Krieg stark geschwächt war. Es ist sinnvoll, dieses System allmählich zu beseitigen, vor allem indem man sich weigert, an ihm teilzunehmen und nach seinen veralteten Regeln zu spielen, die für uns von Natur aus nachteilig sind. Für Russland sollte die westliche Schiene gegenüber seiner eurasischen Diplomatie zweitrangig werden. Die Aufrechterhaltung konstruktiver Beziehungen zu den Ländern im westlichen Teil des Kontinents kann Russland die Integration in den eurasischen Großraum erleichtern. Das alte System steht jedoch im Weg und sollte daher abgebaut werden.

    2.3.5. Timofei Sergeitsev

    Dieser Krieg wird an der ideologischen Front mit großer Härte geführt. Putin setzte als Kriegsziel die „Entnazifizierung“ der Ukraine. Im Westen hält man das für eine propagandistische Formel. Die russische Nachrichtenagentur Ria Nowosti veröffentlichte einen Beitrag von Timofei Sergeitsev, ein in Deutschland kaum bekannter Autor, unter der Überschrift „Was Russland mit der Ukraine tun sollte"56:

    Wir brauchen keine Nazis, eine Bandera Ukraine, einen Feind Russlands und ein Instrument des Westens, um Russland zu zerstören. Heute hat sich das Thema Entnazifizierung auf die praktische Ebene verlagert.

    Entnazifizierung ist notwendig, wenn ein bedeutender Teil des Volkes – höchstwahrscheinlich die Mehrheit – vom Nazi-Regime absorbiert und in die Politik hineingezogen wurde. Das heißt, wenn die Hypothese "Das Volk ist gut – die Regierung ist schlecht" nicht funktioniert. Die Anerkennung dieser Tatsache ist die Grundlage der Entnazifizierungspolitik, all ihrer Aktivitäten, und die Tatsache selbst ist ihr Thema.

    Russland ist für die Ukraine zuständig

    Ukraine ist in dieser Situation. Die Tatsache, dass der ukrainische Wähler für den „Frieden von Poroschenko“ und die „Welt von Selenskyj“ gestimmt hat, sollte nicht irreführend sein – die Ukrainer waren mit dem kürzesten Weg zum Frieden durch den Blitzkrieg durchaus zufrieden, den die letzten beiden ukrainischen Präsidenten bei ihrer Wahl transparent andeuteten. Es ist diese Methode der „Beschwichtigung“ interner Antifaschisten – durch totalen Terror –, die in ODESSA, Charkiw, Dnepropetrowsk, Mariupol, andere russische Städte. Und das passte dem ukrainischen Mann auf der Straße ganz gut. Die Entnazifizierung ist eine Reihe von Maßnahmen gegen die nationalsozialisierte Masse der Bevölkerung, die technisch nicht direkt als Kriegsverbrecher bestraft werden können.

    Im weiteren Verlauf des Textes werden Maßnahmen vorgeschlagen, die - vielleicht ist es ein Problem der Übersetzung, vielleicht sind die Formulierungen mit Absicht zweideutig und ungenau - als Programm einer vollständigen Umerziehung der gesamten Bevölkerung der Ukraine in Verbindung mit Massenmord an den führenden politischen und sozialen Schichten gelesen werden kann. Dieser Text hat im Westen großes Aufsehen erregt und ist mit Empörung kommentiert worden57.

    2.3.6. Vladimir Laučius: Was tun mit Russland?

    Von der Seite der Unterstützer der Ukraine gibt es durchaus Ähnliches zu lesen. Der Litauer Vladimir Laučius 58 schrieb59:

    Der einzige "Diplomat", der den russischen Bolschewismus richtig behandelte, war Marschall Heinz Guderian, als sich die 2. Panzerarmee unter seinem Kommando Moskau näherte. Dies ist der seltene Fall, in dem die Erben Lenins, die immer noch in Russland das Sagen haben, in die Pflicht genommen wurden, und der Aufruf, der an sie erging, war ganz anders als der von Macron - und es ging nicht darum, „das Gesicht zu wahren“. …

    Russlands Wahrnehmung im Westen beruht bislang auf falschen Annahmen, Russland sei ein Teil Europas, der durch wirtschaftliche Zusammenarbeit befriedet werden könne und sich so schrittweise in den Westen integrieren könne – nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch. Die Wahrheit ist, dass Russlands wirtschaftliche Integration nicht der Weg zu seiner politischen Verwestlichung ist, und Russland war nie und wird in naher Zukunft kein Teil Europas sein. …

    Der Weg des Rückzugs sollte nicht Putin überlassen werden, sondern Russland, von dem ein Regimewechsel klar erwartet wird.

    Ein Regimewechsel in Russland kann nur im Rahmen autoritärer Herrschaft stattfinden. Demokratie in Russland ist im Moment nicht nur unmöglich, sondern auch unerwünscht, da freie Wahlen höchstwahrscheinlich einen weiteren Putin oder Stalin an die Macht bringen würden. Die Gehirne der russischen Gesellschaft sind so beschädigt, dass, wenn sie nicht repariert würden, die Abstimmung viel schlimmer wäre als die, die 1933 in Deutschland stattfand.

    Die erste Stufe ist die Ersetzung eines dem Westen feindlich gesinnten Regimes durch ein viel günstigeres Regime, das, nachdem es bestimmte Sicherheitsgarantien vom Westen erhalten hat, sich verpflichten würde, die russische Gesellschaft zu erziehen und zu verwestlichen. Dies kann eine Übergangszeit von mindestens 15-20 Jahren erfordern.

    Inhaltlich unterscheiden sich die beiden Texte nur durch das Objekt der Betrachtung, der Umerziehung. Der Tonfall des litauischen Texte klingt zivilisierter. Aber es geht in beiden Fällen um den vollständigen Umsturz, das Auswechseln nicht nur der Regierung, sondern gleich des ganzen politischen Systems mit einer anschließenden langjährigen Erziehungsdiktatur. Einen Unterschied gibt es allerdings: Der litauische Text ist in Westen nicht zur Kenntnis genommen worden. Über die politischen Ideologien, Konzeptionen und auch Verrücktheiten, die in den „westlichen“ osteuropäischen Staaten umher laufen, weiß man in Deutschland praktisch nichts. Dieser Text kann auf diese Lücke hinweisen.

    2.3.7. Weitere Stellungnahmen

    Ein Text aus einem Kreis von Politikwissenschchaftlern, ehemaligen Militärs und Angehörigen des Diplomatischen Diestes um Professor Johannes Varwick aus der Zeit vor dem Krieg. https://www.gsp-sipo.de/news/news-details/aufruf-zur-verbesserung-der-beziehungen-zu-russland

    Eine Web-Seite aus der Friedensbewegung mit Stellungnahmen und Aktionsvorschlägen https://nie-wieder-krieg.org/

    „28 Intellektuelle und KünstlerInnen schreiben einen Offenen Brief an Kanzler Scholz. Sie befürworten seine Besonnenheit und warnen vor einem 3. Weltkrieg.“ Der Aufruf löste eine heftige öffentliche Kontroverse aus. https://www.emma.de/artikel/offener-brief-bundeskanzler-scholz-339463

    Ein Gegentext: „Viele Menschen dürften seit Wochen auf diesen offenen Brief gewartet haben: Endlich haben sich bekannte Journalisten, Wissenschaftler und Künstler zusammengetan, um für eine Unterstützung der Ukraine zu werben.“ https://www.blog-der-republik.de/offener-brief-an-bundeskanzler-olaf-scholz-gegen-weitere-waffenlieferungen-an-die-ukraine-deeskalation-jetzt/

    Fußnoten:

    4

    Wolfgang Hilligen: Worauf es ankommt (1961), in ders.: Zur Didaktik des politischen Unterrichts Bd II, Opladen 1976, überarbeitete Fassung, S. 53 - 79, hier S. 60ff., und ders.: Zur Didaktik des politischen Unterrichts Bd I, S. 28ff, „'Überleben' und 'gutes Leben' als Schlüsselbegriffe für ein didaktisches Instrumentarium“.

    7

    Deshalb ist die Beschäftigung mit Clausewitz erforderlich, insbesondere mit dessen Aussagen über das Verhältnis von Politik und Krieg und über die Informationslage im Krieg. - Eine Beschäftigung mit Kriegspropaganda wäre ebenfalls sinnvoll https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Prinzipien_der_Kriegspropaganda.

    8

    Kurt Gerhard Fischer u.a. 1960: Der politische Unterricht, Bad Homburg v.d. Höhe Berlin Zürich: Gehlen 1960, S.104f

    10

    Deshalb ist es erforderlich, mit den Schüler*nnen Selbständigkeit bei der Gewinnung von Informationen und der Formulierung von Urteilen zu üben. In späteren Jahren steht auch kein Lehrer den Schüler*innen bei, nur noch Markus Lanz.

    11

    Es verbietet sich deshalb, Jugendoffiziere als „Fachleute“ in den Unterricht zu holen. Gerade in den Fragen von Krieg + Frieden gilt Kant „Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?“, Nachdenken ohne alle Vormünder, https://www.projekt-gutenberg.org/kant/aufklae/aufkl001.html

    13

    Jugendoffiziere gehören in diese Rubrik. Sie haben in der Schule genauso viel oder genauso wenig verloren wie ein Allianz- Vertreter, wenn über Altersvorsorge gesprochen wird.

    14

    Ferne Vorbilder dieses Textes: Die Buchreihe „Texte zur politischen Bildung“, hrsgg von Franz Neumann, Signal-Verlag Baden-Baden, 1978f. Der Band „Frieden“ von Reimer Gronemeyer beispielsweise ist immer noch lesenswert.

    24

    https://www.ipb.org/wp-content/uploads/2022/04/CommonSecurity_Report_2022_DE.pdf - Deutsche Fassung vom 14.4.2022 erstellt von: International Peace Bureau, Marienstr. 19-20, D-10117 Berlin, info@ipb-office.berlin

    25

    Den Text über John Mearsheimer hat ChatGTP verfasst, dazu https://de.wikipedia.org/wiki/John_J._Mearsheimer, in Deutschland Carlo Masala: WELTUNORDNUNG - Die globalen Krisen und das Versagen des Westens, Verlag C.H.Beck, München 2016

    26

    Damit wäre vielleicht auch eine Brücke zwischen der aufwendigen Lehrkunstdidaktik und ihren Lehrstücken, oft nicht schnell handhabbar im alltäglichen Unterrichtsbetrieb, und einem am aktuellen Geschehen orientierten Alltagsunterricht über Politik gefunden.

    38

    Resolutionsentwurf für den Sicherheitsrat https://www.un.org/Depts/german/sr/sr_sonst/s22-155.pdf, Veto Russlands. Der Beschluss der Vollversammlung und das Abstimmungsverhalten https://de.wikipedia.org/wiki/Resolution_ES-11/1_der_UN-Generalversammlung, https://www.un.org/Depts/german/gv-notsondert/a-es11-1.pdf,

    39

    https://www.repubblica.it/politica/2022/05/19/news/piano_pace_governo_italiano_4_tappe-350167027/, Übersetzung mit Google-Translator; eine in den wichtigen Teilen fast wörtliche Wiedergabe des Textes aus der italienischen Zeitung: https://www.infosperber.ch/politik/italien-legt-uno-einen-plan-fuer-den-frieden-in-der-ukraine-vor/

    47

    Die jetzige Form des Drohnenkriegs beispielsweise.

    48

    https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Prinzipien_der_Kriegspropaganda und Anne Morelli: Die Prinzipien der Kriegspropaganda. Zu Klampen, Springe 2004

    49

    Dieses akademische Fach scheint, von den inneruniversitären Beschäftigungen abgesehen, inzwischen kaum noch mehr als Bedarfs-Journalismus, Meinungsseelsorge und ideologische Konzeptverkündigung mit Fußnoten zu sein. Die Erwartung des „Laien“, er bekomme hier durch Wissenschaft verlässliches Wissen, sei vor Unsinn sicher, wird kaum bedient. Der Laie muss sich vielmehr selbst über die Produkte dieser Wissenschaft seine eigene Auffassung bilden.

    50

    Copyright unterstelle ich.

    55

    https://deutsch.rt.com/meinung/132433-sergei-karaganow-russlands-neue-aussenpolitik/ - Weil die Internet-Seite des russischen Staatssenders RT in der EU blockiert wird, kann es sein, dass dieser Text inzwischen irgendwo anders im Netz zu finden ist. - Ein anderer Text von Karaganow, leichter zugänglich: https://www.tagesspiegel.de/politik/interview-mit-putins-vordenker-die-demokratie-in-ihrer-jetzigen-form-wird-im-grossteil-europas-nicht-ueberleben/28287068.html. Zur Person https://de.wikipedia.org/wiki/Sergei_Alexandrowitsch_Karaganow

    Datum: \today, \dtc

    Autor: Dr. Horst Leps

    Created: 2025-10-27 Mon 11:39

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